China Ausblick 2023

China hat uns ein stürmisches Jahresende beschert. Nach den Lockdown-Unruhen kamen die chaotischen Lockdown-Lockerungen. Dennoch gibt es gute Gründe für einen halbwegs optimistischen Ausblick für das nächste Jahr.

Covid hält China jetzt schon fast drei Jahre in Schach. Dass es nun mit der Aufweichung der Zero-Covid Politik so schnell ging, hat viele überrascht. Dass der Status quo nicht nachhaltig war, haben die landesweiten Demonstrationen Ende November gezeigt. Der frühere Dozent der Tsinghua-Universität, Wu Qiang, nannte sie „den größten Widerstandsakt in China seit den Tiananmen-Demonstrationen 1989“.

Dass die nächsten 60 bis 80 Tage kritisch sind, um sich bestmöglich für das neue Jahr aufzustellen, weiss auch die oberste Regierungsebene um Xi Jinping. Letzte Woche Donnerstag und Freitag fand in Peking die einmal im Jahr tagende Central Economic Work Conference statt, die gemeinsam vom Zentralkommittee der KP China und dem Staatsrat veranstaltet wird. Wenn man den Tenor der Beschlussfassungen in einem Wort zusammenfassen müsste: Wirtschaftswachstum. 

Die politischen Korrekturmaßnahmen der letzten achtzehn Monate in den Bereichen Bildung, Internetplattformen und Immobiliensektor hatten verheerende Auswirkungen auf Chinas Volkswirtschaft. Insbesondere die um sich greifende Jugendarbeitslosigkeit von mittlerweile fast 20 Prozent bereitet dem Politbüro Sorgen. Zwar wird weiterhin davon gesprochen, dass Wohnungen keine Spekulationsobjekte sein dürfen, aber dafür gibt es jede Menge an klaren Anhaltspunkten für eine staatliche Unterstützung zur Stabilisierung des für Chinas BIP so wichtigen Wohnungsbaus. 

Die noch im Vorjahr erstmals erwähnte Warnung vor der „barbarischen Expansion des Kapitals“ hat dieses Jahr keinen Eingang in den Abschlussbericht zur Konferenz gefunden. Ebenfalls fehlt jegliche Referenz zu dem aus Unternehmersicht fast schon furchterregenden Terminus „Common Prosperity“. Dass nur wenige Tage nach Ende der Konferenz der Parteisekretär der Provinz Zhejiang den ersten offiziellen Besuch nach mehr als zwei Jahren bei Alibaba in Hangzhou abstattete, ist ein wichtiges Signal an die Privatwirtschaft. Chinas große Technologieunternehmen sind nicht nur beliebte Arbeitgeber für Universitätsabsolventen, sondern spielen auch eine wichtige Rolle bei der Wiederbelebung der einheimischen Konsumnachfrage. 

Denn hier hakt es weiterhin, wie man an den sinkenden Importzahlen und dem negativen Wachstum (-5,9 Prozent) beim Einzelhandelsumsatz unschwer erkennen kann. Solange sich ihre Arbeitsmarktaussichten und die langfristige Werthaltigkeit ihrer Immobilien nicht verbessern, dürfte der typische chinesische Verbraucher sein Portemonnaie auch nicht wieder öffnen.

Laut McKinsey sind die Spareinlagen der chinesischen Haushalte in den ersten neun Monaten dieses Jahres um weitere 14 Billionen Yuan (zwei Billionen Dollar) angewachsen. 

Raum für ein sogenanntes „Revenge Shopping“ gäbe es also reichlich. Dies würde erst einmal beliebte chinesische Consumer Brands wie Anta, Li Ning oder Moutai begünstigen sowie die Ecommerce Plattformen aus dem Hause Alibaba, JD.com und Pinduoduo. Vergessen darf man sicherlich auch nicht, dass „Revenge Travel“ als nächster Supertrend für 2023 folgen und Reiseplattformen (OTAs) wie Trip.com aus ihrem Dornröschenschlaf der letzten zwei Jahre wecken dürfte. 

Die Luxushäuser LVMH, Richemont und Kering werden es auch kaum noch abwarten können, chinesische Kunden wieder in ihren Läden in Europa und den USA zu begrüßen. Auch der Reisetourismus in Richtung China sollte im kommenden Jahr wieder an Fahrt aufnehmen. Gerade heute gingen erste Gerüchte in Hongkong um, dass internationale Gäste nach Ankunft in China keinen Aufenthalt in sogenannten Quarantäne-Hotels mehr absolvieren müssen, sondern lediglich drei Tage zu Hause oder im eigenen Hotelzimmer eigenverantwortlich ihren Gesundheitszustand beobachten müssen – die sogenannte “0+3” Policy. In China und Hongkong gelistete Tourismusgruppen und Hotelaktien legten sofort kräftig zu. Von solchen Kursbewegungen werden wir in 2023 bei weiterer positiver Entwicklung sicher noch mehr sehen können.

Sicher ist nicht alles eitel Sonnenschein in China. Die Weltbank hat gerade diese Woche noch ihre Prognose für Chinas BIP Wachstum nach unten revidiert und sieht jetzt lediglich 4,3 Prozent statt 8,1 Prozent Wachstum. In der chinesischen Regierung wird intern ein Wachstumsziel von fünf Prozent diskutiert. Bei all den Nachrichten von einem langsameren Wachstum Chinas in der Zukunft sollte man aber auch nicht vergessen, dass 2022 ein schwieriges Jahr für alle Märkte war: Verglichen mit dem Nasdaq Composite (YTD -32 Prozent) hat der Hang Seng Index (-18 Prozent) eine klare Outperformance geschafft. Ähnliches gilt für den Shanghai Composite (YTD -15 Prozent) im Duell mit dem S&P 500 (YTD -19 Prozent). Ob das nächstes Jahr auch wieder gelingen kann, wird man abwarten müssen. Zumindest haben bereits jetzt einige Investmentbanken wie zum Beispiel Morgan Stanley China auf “Overweight” gesetzt. Wir schauen derzeit auch wieder mit einigem Optimismus auf die Entwicklungen in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.

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