Vor den Quartalszahlen waren sich die Auguren einig: Das Thema “Earnings Recession” sollte die Notenbankpolitik als Kurstreiber ablösen. Mit Blick auf die Kursrally in dieser Woche kann davon keine Rede sein. US-Notenbankchef Powell erklärte, dass die Disinflation begonnen hat. Das bot die richtige Thermik, um Aktienkurse in die Höhe zu treiben. Allerdings haben die meisten unserer Portfoliounternehmen auch erstaunlich robuste Zahlen berichtet.
Spotify Quartalszahlen – Gewinn in Sicht
Der führende Audio-Streaming-Dienst hat für Q4 2022 ein besser als erwartetes Kundenwachstum präsentiert. Die monatlich aktiven User (MAU) sind im Vorjahresvergleich um 20 Prozent auf 489 Millionen gestiegen, die Zahl der Bezahlkunden legte um 14 Prozent auf 205 Millionen Kunden zu. Mit 33 Millionen Neukunden netto ist das in absoluten Zahlen das stärkste Kundenwachstum, das in einem vierten Quartal erreicht wurde. Den Umsatz hat Spotify um 18 Prozent auf 3,17 Milliarden Euro steigern können. Überraschend ist auch die Bruttomarge auf 25,3 Prozent gestiegen. Erwartet waren hier 24,5 Prozent. Auch der operative Verlust fiel mit -231 Millionen Euro deutlich geringer aus als von Spotify angekündigt (-300 Millionen Euro). Der Free-Cashflow ist mit -73 Millionen Euro ins Minus gerutscht. Das hatte das Unternehmen aber vor drei Monaten schon angekündigt und mit “Sonderthemen” begründet. In den letzten 12 Monaten hat Spotify 200 Millionen Free-Cashflow erwirtschaftet. Dieser Trend soll auch 2023 halten.
Starkes Kundenwachstum, solide Umsatzentwicklung und weniger Verlust, das ist schon recht ordentlich im aktuellen Umfeld. Das Geschäft mit Musik und Podcasts zeigt sich krisenresistenter als von vielen Analysten erwartet. Auch die Guidance für Q1 kann sich sehen lassen: 500 Millionen Nutzer und 207 Millionen Bezahlkunden will man im ersten Quartal erreichen. Beides über Erwartungen, aber m.E. konservativ mit Blick auf die Download- und Userzahlen, die wir uns ansehen. Der operative Verlust wird mit 1,94 Millionen Euro angegeben. Erwartet waren hier 123 Millionen Euro. Spotify hatte vor einer Woche angekündigt, ca. 6 Prozent der Stellen zu streichen. Hierfür fällt in Q1 eine Sonderbelastung von 35-45 Millionen an. Und wann macht Spotify endlich Gewinn? Das Unternehmen will sich nicht auf einen Zeitpunkt festlegen, aber es ist klar, dass sich der Fokus auf Profitabilität verlagert hat. In Wort von Gründer und CEO Daniel Ek: „I probably got a little carried away and over-invested relative to the uncertainty we saw shaping up in the market. So we are shifting the focus on tightening our spend and becoming more efficient.”
Bei Investoren kamen die Zahlen sehr gut an. Die Spotify Aktie legte am Handelstag nach den Zahlen um knapp 13 Prozent zu. Wir haben Spotify im The Digital Leaders Fund hoch gewichtet und glauben, dass die Neubewertung der Spotify Aktie gerade erst begonnen hat.
Snap Quartalszahlen – Kaufen, solange die Zahlen grottig sind
Snap hat Zahlen nach dem Muster der letzten drei Quartale berichtet: Nutzerzahlen steigen, Engagement steigt bei den neuen Formaten (Spotlight) und fällt bei Formaten wie Stories, Umsatz und vor allem Profitabilität leiden.
Der Umsatz in Q4 stagnierte gegenüber dem Vorjahresniveau; schwächer in den USA, besser international. Der operative Verlust lag in Q4 bei 287 Millionen Dollar, nach -25 Millionen im Vorjahr. Trotz dieser herben Verluste hat Snap Kosten für Aktienprogramme von beachtlichen 450 Millionen Dollar im abgelaufenen Quartal verbucht. Das sind 35 Prozent vom Umsatz. Das ist ärgerlich für Shareholder, aber das Unternehmen kämpft offensichtlich damit, die Top-Mitarbeiter zu halten. Im Quartal zuvor hatte das Management daher angekündigt, die Verwässerung für Aktionäre mit einem Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 500 Millionen Dollar auszugleichen. Immerhin ist es dem Unternehmen gelungen, im Abschwung 78 Millionen Dollar an Free-Cashflow zu erwirtschaften.
Das alles war im Rahmen der Erwartungen. Schockiert hat Snap mit der „Guidance“: Im Januar wäre der Umsatz 7 Prozent rückläufig gewesen. Für Q1 erwartet man nun einen Umsatzrückgang von 2-10 Prozent. Für ein Unternehmen, das Anleger von 2019 bis 2021 mit über 50 Prozent Umsatzwachstum verwöhnt hat, ist das bemerkenswert. Die entscheidende Frage bleibt: Ist das alles Makro oder ist Snaps Ad-Plattform mit Apples ATT dysfunktional geworden? Wenn das Makro-Umfeld der entscheidende Grund ist, dann ist Snap genau jetzt ein Kauf. Das Werbegeschäft ist zyklisch. Wie z.B. bei Halbleitern lohnt sich ein Engagement dann, wenn die Zahlen besonders schlecht ausfallen. Snap gibt aber zu, dass sie gerade ihre Werbeplattform für Direct Response (DR) weiter optimieren, um die Conversion und somit den Nutzen für den Kunden zu steigern. Die ersten Ergebnisse seien gut, aber die Monetarisierung würde dauern. In Q4 sei das Geschäft mit DR sogar gestiegen, während das traditionell starke Geschäft mit Imagewerbung 11 Prozent gefallen sei. Ich bin davon überzeugt, dass es Snap gelingen wird, das DR-Geschäft zu steigern, die Frage ist nur: wie schnell?
Es gab auch gute Nachrichten. Die Zahl der täglich Aktien Nutzer (DAU) konnte Snap um 18 Prozent auf 375 Millionen steigern. Bei den Engagement-Daten gehen die Meinungen der Analysten auseinander. Wir sehen über die Daten von Sensor Tower auch, dass „Total Time Spent“ in den USA leicht rückläufig ist, aber insgesamt steigt das Engagement.
Zudem: Die Verweildauer für Spotlight ist nach Unternehmensangaben in Q4 um 100 Prozent gestiegen. Die Monetarisierung kommt zeitversetzt. Auch das Subskriptionsgeschäft läuft. Mittlerweile hat Snap 2 Millionen zahlende Kunden. Diese Zahl können wir relativ gut über die digitale Spur messen. Ich persönlich finde die Entwicklung nach dem fulminanten Start fast etwas enttäuschend.
Sollten wir tatsächlich ein „Soft Landing“ in den USA und Europa hinbekommen, dann sind steigende Werbebudgets nur eine Frage der Zeit. Mit über 375 Millionen DAU steht Snap bereit für das Geschäft mit Imagewerbung. Gerade für die Streaming-Unternehmen bietet Snap ein attraktives Terrain, um auf die Jagd nach jungen Nutzern zu gehen. Vielleicht kann Snap bis dahin auch Direct Response. Ich denke, dass eine leichte, sequenzielle Steigerung der Umsätze genügt, um ein Kursfeuerwerk bei Snap auszulösen.
BBVA Quartalszahlen – Rekordergebnisse und starke Guidance
Die Basken haben ein Traumjahr hinter sich. Mit 6,6 Milliarden Euro Gewinn hat BBVA 2022 das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte präsentiert.
Rekordergebnisse 2022:
Auch im vierten Quartal hat BBVA beim Zinsüberschuss und Nettogewinn die Erwartungen übertroffen. Auch der Anteil der notleidenden Kredite lag mit 3,4 Prozent unter den erwarteten 3,59 Prozent. Die Effizienzquote (oder CIR) lag in Q4 bei 43,2 Prozent. Ein überragender Wert, denn die Konkurrenz liegt im Schnitt deutlich über 60 Prozent. Kein Wunder, denn die meisten Kunden werden über digitale Kanäle akquiriert (55 Prozent), und die meisten Transaktionen über digitale Kanäle getätigt (78 Prozent).
2023 soll es so weitergehen. In konstanten Währungen erwartet BBVA ein Umsatzwachstum von über 20 Prozent. Weil die Geschäfte so gut laufen, hat die Bank überraschend ein weiteres Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 422 Millionen Euro angekündigt. Die BBVA Aktie legte daraufhin 5 Prozent zu.
Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung unseres Schwergewichts im Portfolio. Trotz der tollen Performance (18 Prozent y/y und 20 Prozent ytd) liegt das KGV (FWD) bei 5,4 Prozent und die Dividendenrendite bei 7,8 Prozent. Die BBVA gehört zu den Banken mit dem höchsten digitalen Reifegrad. Im Umfeld steigende Zinsen und sich abschwächende Konjunkturrisiken steht sie gerade am Anfang, ihre Effizienzvorteile auszuspielen.
Meta Quartalszahlen: Zuck ist doch nicht pleite!
So wirklich gut waren die Quartalszahlen nicht, die Meta am Mittwochabend vorgelegt hat. Streng genommen waren sie sogar ziemlich schwach. YoY gingen die Umsätze im vierten Quartal um 4,5 Prozent auf 32,17 Milliarden Dollar zurück, was das dritte Quartal in Folge mit sinkenden Umsätzen markierte. Der Nettogewinn brach regelrecht ein – von 10,3 Milliarden Dollar auf 4,7 Milliarden Dollar per Ende Dezember. Die operative Marge halbierte sich gegenüber dem Vorjahresquartal von fast 37 auf 20 Prozent. Die Kosten stiegen demgegenüber von 21 Milliarden auf 25,8 Milliarden Dollar. Die Aktie reagierte am ersten Handelstag nach den Zahlen mit einem Sprung um gut 23 Prozent. Börse Gaga? Nicht ganz.
Die Binse, dass an der Börse Erwartungen gehandelt werden, ist natürlich nicht falsch (es ist ja eine Binse), trifft aber nicht das Wesentliche. Die bessere Begründung für den Kurssprung der Meta Aktie: Zuckerberg scheint Investoren allmählich davon zu überzeugen, dass Meta auf dem besten Weg ist, bald wieder viel Geld zu verdienen. Apples App Tracking Transparency ist nicht ganz überwunden, doch Metas jahrelange Investition in AI unter der Führung von Jan LeCun liefert offensichtlich gute Ergebnisse. Zuckerberg: “In our broader ads business, we are continuing to invest in AI and we are seeing our efforts pay off here. In the last quarter, advertisers saw over 20% more conversions than in the year before. And combined with the decline in cost per acquisition, this has resulted in higher returns on ad spend.” Die Abfrage von Reels-Videos hätte sich binnen 12 Monaten verdoppelt, die Umsätze mit Reels innerhalb von 6 Monaten auch. Auch mit der Monetarisierung anderer Werbeformate kommt Meta voran: Bei “click-to-message-ads” wurde bereits eine Run-rate von 10 Milliarden Dollar Umsatz erreicht.
Auch die Nutzerzahlen der Konzern-Apps zeigen nach oben – ein Plus von vier Prozent bei den DAU auf Facebook im Dezember gegenüber dem Vorjahresniveau, und bei den MAUs lag das Dezember-Plus immerhin bei zwei Prozent. „Unsere Community wächst und das Engagement steigt quer über alle unsere Apps“, so Metas oberster Anzeigenverkäufer. Facebook habe den „Meilenstein“ von täglich zwei Milliarden Nutzern erreicht, so Zuckerberg am Mittwochabend. Und natürlich hatte er auch das passende Motto parat, das signalisiert, dass man verstanden hat: Für 2023 gab Zuckerberg die Losung „Jahr der Effizienz“ aus. Das passt zu dem im Herbst 2022 angekündigten Abbau von 11.000 Stellen. Anleger, die von den horrenden Entwicklungskosten für das Metaverse verschreckt wurden, können sogar vom operativen Verlust von 4,3 Milliarden Dollar im vierten Quartal etwas positives ziehen: denn dort sind auch Restrukturierungskosten enthalten, die Metas neue, bescheidenere Linie unterstreichen und die Hoffnung von Anlegern schüren, dass es doch nicht so schlimm kommen wird.
Zuckerberg selbst ist derart überzeugt von der Zukunft Metas, dass er sogar ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 40 Milliarden Dollar angekündigt hat. Spätestens an dieser Stelle haben die Shortseller kapituliert, zumindest am ersten Handelstag nach den Zahlen.
AMD Quartalszahlen: Datencenter und Xilinx machen den Unterschied
Wenn in diesen Zeiten die Rede davon ist, dass Growth-Anleger vor allem auf Gewinne achten, dann bedeutet das nicht, dass sie das wirklich Wesentliche außer Acht lassen: den wirtschaftlichen Erfolg im Wettbewerb – und der ist im Bereich Hardware und Halbleiter besonders hart – die miesen Intel-Zahlen in der vergangenen Woche haben das unterstrichen. Das AMD-Quartals-Umsatzplus von 16 Prozent wurde mit einem Minigewinn von 21 Millionen Dollar begleitet – nach netto 974 Millionen Dollar im Vorjahresquartal. Dass Anleger die AMD Aktie nicht abgestraft haben, liegt am besser als erwarteten Ausblick. Im laufenden Quartal soll das Umsatzminus bei zehn Prozent liegen, was angesichts der Eintrübung der Konjunktur (Stichworte: Capex) und des rückläufigen PC-Geschäfts ordentlich ist. Diese Resilienz lässt sich an zwei AMD Geschäftsbereichen festmachen: Netzwerkgeschäft (Xilinx) und Data Center.
Das Netzwerkgeschäft hat durch die Akquisition von Xilinx eine entscheidende Stärkung erfahren. Die 35 Milliarden Dollar teure Übernahme war ein wichtiger Grund für Gewinneinbruch – Abschreibungen und Finanzierungskosten für die im Februar 2022 abgeschlossenen Übernahmen liegen bei über einer Milliarde Dollar pro Quartal. Der Rückgang der Bruttomarge von 50 auf 43 Prozent geht ebenfalls auf die Übernahme zurück. Das Xilinx-Potenzial zeigt sich am Umsatz im Bereich Embedded von 1,4 Milliarden Dollar in Q4, der fast ausschließlich von Xilinx erwirtschaftet wurde. Das gilt auch für den operativen Gewinn von 700 Millionen Dollar nach nur 18 Millionen Dollar im Vorjahr, also vor der Xilinx-Integration.
Die zweite Stärke liegt im Geschäft Data Center. Hier stieg der Segment-Umsatz YoY um 42 Prozent – das Geschäft mit den EPYC Prozessoren läuft blendend. Allerdings ist die operative Marge hier um sechs Punkte auf 27 Prozent gesunken, was AMD auf höhere R&D Aufwendungen zurückführt. Doch das ist nicht viel mehr als das berühmte Haar in der Suppe, wenn man den Vergleich mit Intel zieht. Der große AMD-Rivale meldete in der letzten Woche einen Einbruch im Data Center Geschäft – die Erlöse lagen um ein Drittel niedriger als im Vorjahr – vor allem wegen der harten Konkurrenz mit AMD.
Kein Wunder also, dass Anleger diese Zahlen mit einem kräftigen Kursplus belohnten. Am Donnerstag legte die Aktie um über vier Prozent auf gut 88 US-Dollar zu. Nach dem Kursrutsch im Sommer 2022 hatte die Aktie bis Anfang Januar um die 60 Dollar Marke gependelt.
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