Mit Morgan Stanley und Goldman Sachs haben zwei weitere Schwergewichte Quartalszahlen vorgelegt, und zwischen ihnen liegen Welten. Warum Morgan Stanley dem Rivalen derzeit den Rang abläuft und warum das auch, aber nicht nur, mit der aktuellen Marktlage erklärbar ist.
Gewinn ist nicht gleich Gewinn. Es gibt Gewinne, die sind stabil und wiederholbar; andere sind eher spekulativ und damit erratisch. Investoren haben heute eine klare Präferenz für Stabilität. Aktuell zahlen Anleger für Aktien von Morgan Stanley (MS) das 14-fache des Gewinns, für Goldman Sachs (GS) Aktien aber nur das 10-fache. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis liegt bei Morgan Stanley bei 1,8, bei Goldman Sachs bei nur 1,1. Diese Woche haben die Quartalszahlen beider Häuser nochmal eindrücklich veranschaulicht, warum das so ist.
Goldman Sachs und Morgan Stanley Quartalszahlen
Goldman Sachs hat für Q4 einen Umsatz berichtet, der 16 Prozent unter dem Vorjahresvergleich liegt und einen Gewinn, der um 66 Prozent eingebrochen ist. Bei Morgan Stanley liegt der Umsatzrückgang in Q4 bei 12 Prozent, der Gewinnrückgang bei 40 Prozent. Der Kurs von Morgan Stanley stieg nach den Zahlen um über sechs Prozent, während die Aktien von GS um mehr als 6 Prozent einbrachen.
Über einen Zeitraum von 5 Jahren haben die Aktien beider Unternehmen den Bankenmarkt klar outperformt.
Nach den Zahlen von JPMorgan, Citi und Bank of America hatten Anleger auch bei GS und MS ähnliches erwartet: Investmentbanking pfui, Retailbanking und Wealth Management hui. Der nahezu komplette Ausfall von IPOs und anderen Kapitalmaßnahmen hat GS beim Equity Underwriting einen Umsatzeinbruch von 82 Prozent und bei Anleihen von 70 Prozent beschert. Bei MS lagen die Zahlen bei jeweils -73 und -38 Prozent. Der volatile Markt hat bei GS immerhin zu einem bärenstarken Quartal beim Handel von Zinsprodukten (FICC) geführt: 44 Prozent Umsatzwachstum in Q4. Bei MS dagegen nur 15 Prozent Wachstum. Das ist aber auch der einzige Lichtblick für GS in diesem sonst miesen Quartal.
Goldman Sachs mit schlechten, Morgan Stanley mit guten Quartalszahlen
GS hatte sich zum Ziel gesetzt, mit Asset & Wealth Management und dem Vorstoß im Retailbanking und Transaction Banking (beides nun im Segment Platform Solutions) das Unternehmen deutlich stabiler aufzustellen. Das ist zumindest in Q4 nicht gelungen. Platform Solutions hat ein Vorsteuerverlust von 778 Millionen vorgewiesen. Rücklagen für Kreditausfälle wurden auf 972 Millionen erhöht. GS ist offensichtlich mit zu viel Elan und zu viel Krediten ins Retailbanking vorgepusht. Seither steigt die Zahl der Kreditausfälle in den USA. Für ein Unternehmen mit einem neuen Kreditbuch ist das besonders schmerzlich. Für GS-Manager, die den Anspruch haben, die besten Risikomanager der Welt zu sein, ist diese Entwicklung äußerst peinlich.
Auch in Asset & Wealth Management sind in Q4 die Einnahmen um 27 Prozent eingebrochen. Das liegt vornehmlich daran, dass Goldman hier neben treuhänderischem Geld auch eigenes Geld verwaltet. Wenn die Märkte einbrechen, wie z.B. im ersten Quartal 2020 oder im vierten Quartal 2022, dann kann das Asset & Wealth Management aufgrund der Bewertung der Anlagen zu Marktpreisen böse Überraschungen herbeiführen.
Bei Morgan Stanley ist das Wealth Management nicht kontaminiert durch den Eigenhandel. In Q4 hat MS hier die Einnahmen um 5,9 Prozent auf 6,6 Milliarden Dollar steigern können. Das Geschäft ist extrem profitabel, die Vorsteuermarge liegt bei 27,8 Prozent.
Goldman hat zudem ein Kostenproblem. Diese sind im vierten Quartal um 11 Prozent gewachsen. Die Cost-Income-Ratio liegt für das vierte Quartal bei 76,4 Prozent. Das ist weit weg vom Zielwert von 60 Prozent. Der Gesamtkosten bei MS sind in Q4 nur um etwas mehr als zwei Prozent angestiegen.
Prognose für Goldman Sachs und Morgan Stanley
Goldman Sachs und Morgan Stanley gehören zu den erfolgreichsten Banken der Welt. Morgan Stanley hat die Erfolgsformel seit Jahren schon gefunden. Die Marschrichtung lautet daher: Weiter so. Nur die Frage, wer in die Fußstapfen des brillanten CEOs James Gorman treten wird, bereitet so manchen Anlegern Sorgen. Bei Goldman Sachs ist die Sache komplizierter. Zwar hat Goldman seit der Pandemie deutlich bessere Ergebnisse liefern und Investoren überzeugen können. Doch die aktuellen Quartalszahlen werfen viele Fragen auf hinsichtlich der strategischen Ausrichtung. Zu volatil ist das Kerngeschäft, zu hoch die Kosten, zu kontaminiert das Asset & Wealth Management und zu defizitär der Bereich Platform Solutions. Auf dem Investorentag am 28. Februar muss das Goldman-Management auf all diese Themen eingehen.