Bringen aktive Fonds einen Mehrwert oder sind ETFs das Maß aller Dinge? Das gleicht beinahe der Frage nach dem Sinn des Lebens, ist aber schon im Ansatz falsch. Gerade die Pandemiephase hat gezeigt, wie wichtig etwas anderes ist: die strategische Allokation eines Portfolios. Wir zeigen Ihnen, worauf es ankommt und warum Sie Ihren Blick auf das große Ganze richten sollten.
Steigender Marktanteil bei ETFs
Lassen Sie uns zunächst einen Blick auf die aktuellen Zahlen werfen: Laut BVI-Statistik erfreuen sich ETFs weiterhin starker Nachfrage. In Deutschland konnten sie 2020 immerhin 14,25 Mrd. Euro einsammeln – ein Achtungserfolg gegenüber den 26,16 Mrd. Euro der aktiv gemanagten Fonds.
Quelle: ETFGI data sourced from ETF/ETP sponsors, exchanges, regulatory filings, Thomson Reuters/Lipper, Bloomberg, publicly available sources, and data generated in-house.
Tatsächlich warten ETFs mit einigen Vorteilen auf, zum Beispiel den niedrigen Kosten. Weitere Vorteile sind die (vermeintliche) Transparenz und die Vermeidung aktiver Risiken – nur um mal einige zu nennen.
Aber Stopp! In puncto aktive Risiken müssen wir einhaken. Denn aktive Risiken sind auf der anderen Seite auch aktive Chancen – womit wir auch schon beim Thema sind.
Die steigende Beliebtheit von ETFs ist nämlich auch das Ergebnis zahlreicher Studien, die belegen wollen, dass aktives Management langfristig keinen Mehrwert liefert. Die These ist nicht neu und wurde von vielen Finanzwissenschaftlern aufgegriffen. Viele dieser Studien führen jedoch selbst bei einigen der Wissenschaftler zu dem Irrglauben, eine passive Anlagestrategie sei grundsätzlich überlegen.
Den Anspruch auf Monopolwissen können diese Studien jedoch nicht für sich in Anspruch nehmen. Denn erstens werden in der Regel entweder zu kleine Stichproben genommen oder es wird sich auf statische Zeiträume festgelegt, obwohl doch gerade in der sich wandelnden gesellschaftlichen Ausrichtung auch im Hinblick auf Geldanlagen Zeiträume und -horizonte beim Investieren immer flexibler werden. Und zweitens gibt es auch Studien, die unter Verwendung neuer Ansätze zu dem Schluss kommen, dass der Unterschied dieser beiden Anlagestile statistisch nicht signifikant ist.
Dazu zitieren wir die größte europäische Ratingagentur Scope mit Sitz in Berlin. Sie hat nachgerechnet, wie häufig aktive Fonds ihre Benchmark schlagen, und kommt zu folgenden Ergebnissen:
Quelle: Scope Analysis, Stand: 31.12.2020, bezieht sich auf die Anzahl der aktiv gemanagten Fonds einer Peergroup Ende 2020.
Und wenn jemand recht hat, dann eine unabhängige Ratingagentur!
Das alles Entscheidende: die Allokation
Sie sehen: Ob aktive oder passive Fonds die Nase vorn haben, ist eine Frage des Blickwinkels und führt an der eigentlichen Herausforderung vorbei. Lassen Sie uns zunächst einen kleinen Schritt zurückgehen. Bevor wir über die Art der Instrumente sprechen, müssen wir die Frage nach der Allokation des Portfolios stellen, also nach dessen Zusammensetzung, denn die ist entscheidend für den langfristigen Anlageerfolg. Wie entscheidend, das belegen zahlreiche Studien, wonach der Anlageerfolg zu über 80 % von der Allokation abhängt. So zeigen beispielsweise die Autoren Brinson, Hood und Beebower in ihrer Studie von 1986, dass sogar 97 % des Erfolgs eines Portfolios auf die Allokation zurückzuführen seien.
Das bedeutet, dass die Wahl der Instrumente auch vom Thema bzw. Markt abhängt: Passives Management funktioniert in der Regel am besten bei leicht handelbaren, bekannten Werten wie Aktien großer US-Konzerne. Denn über diese Firmen ist viel bekannt, was wiederum dazu führt, dass Finanzberater mit großer Wahrscheinlichkeit keinen besonderen zusätzlichen Einblick erhalten. Deshalb liegt es nahe, sich bei solchen Investments die Vergütung für ein aktives Management zu sparen.
Wenn es jedoch um das Investieren in bestimmte Nischenmärkte geht, in denen die Vermögenswerte weniger liquide sind und die deshalb auch weniger häufig beobachtet werden, kann sich der Einsatz eines Managers und das Bezahlen seiner Dienstleistung lohnen. Denn die Chance, dass eine Fachperson tatsächlich auf Rohdiamanten stößt, deren Nutzung sich letztlich trotz höherer Gebühren auszahlt, ist in diesen Fällen ungleich höher.
Die Quintessenz:
Wie bei einem guten Essen kommt es auf die Gesamtkomposition an. Sie möchten eine solide Basis für Ihr Portfolio? Gerne. Dafür bieten sich durchaus ETFs an, die internationale Aktienmärkte kostengünstig abbilden. Wie wäre es als Beilage mit einigen Renditebausteinen? Nischenmärkte bieten sich hier an – aber bitte aktiv gemanagt! Und wenn Sie das Portfolio zusätzlich mit ganz neuen Trendthemen würzen möchten? Gute Idee, aber entgegen unserer eben ausgeführten Meinung, dass gerade hier aktive Manager zu bevorzugen sind, können Sie bei neuen Trends beinahe ausschließlich auf ETFs zurückgreifen – aktive Angebote sind im Fondsmarkt schlicht nicht vorhanden! Und wenn, dann wären sie bei geringer Größe noch zu teuer.
Oder möchten Sie Ihr Portfolio nachhaltig gestalten? Die Welt ein wenig besser zu machen, ist immer eine gute Idee. Aber halten Sie bitte gebührenden Abstand von passiven Produkten und greifen Sie zu aktiv gemanagten Fonds. Das sollte es Ihnen wert sein!
Und was haben wir auf der Risikoseite: Stabilisierung durch Anleihen-ETFs? Warum nicht? Den gewissen Mehrwert erzielen aber eher die aktiven Manager. Oder möchten Sie Ihr Portfolio durch unkorrelierte Komponenten vor den Gezeiten der Märkte schützen? Gerne, hier haben wir beispielsweise Optionsstrategien im Angebot – ebenfalls aktiv gemanagt.
Fazit:
Aktives Management kann also sehr wohl einen Mehrwert liefern, wenn auch nicht in jeder Phase, so aber doch über Marktzyklen hinweg. Es gibt nicht wenige erfolgreich gemanagte Anlagen. Ihr Erfolgsgeheimnis liegt in den umfangreichen Recherchen und Analysen. Besonders wenn es darum geht, die Märkte dauerhaft zu schlagen, sind viel Know-how und Erfahrung notwendig.
Sie sehen, verehrte Leserinnen und Leser, eine pauschale Antwort auf die Frage, ob aktiv oder passiv, bringt uns nicht weiter. Ob Brinson, Hood und Beebower in ihrer viel zitierten Studie recht haben und die Allokation tatsächlich 97 % oder vielleicht doch „nur“ 80 % zum Portfolioerfolg beiträgt, sei dahingestellt. Fakt ist: Welche Produkte auch immer Sie wählen, der alles entscheidende Stimulus ist die Allokation. Und die ist das Ergebnis einer aktiven Entscheidung!
Und was ist mit den neuen Trends im ETF-Segment? Da melden sich jüngst aktive ETFs zu Wort. Sie versuchen, die Vorteile einer passiven Anlage mit den Vorzügen eines aktiven Managements zu kombinieren. Unsere Meinung dazu: Lassen Sie die Finger davon! Fokussieren Sie sich stattdessen auf die strategische Zusammensetzung. Dabei unterstützen wir Sie gerne mit unserem DepotCheck!
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