Chinas Wachstumsrückgang: Ein Wendepunkt für die Weltwirtschaft?

Herausforderungen und Chancen in Zeiten des neuen wirtschaftlichen Wechsels

45 Jahre erlebte die chinesische Wirtschaft eine beeindruckende Phase der Expansion und globalen Integration. Im Juli diesen Jahres legte die chinesische Statistikbehörde die neuen Wachstumszahlen vor, welche erstmals hinter den Erwartungen von Analysten zurückbleiben. Eine potenzielle Phase des geringeren Wachstums zeichnet sich ab, wodurch Auswirkungen auf die globale Wirtschaft spürbar sein könnten.

In den letzten Jahren verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum in China, teilweise bedingt durch Handelskonflikte und geopolitische Spannungen. Außerdem wirkten sich Strukturprobleme und demografische Herausforderungen zusätzlich auf das Wachstum aus. 

Während der COVID-19-Pandemie erwiesen sich die Nettoexporte als wichtige Wachstumstreiber für China. In den Jahren vor der Pandemie war ihr Beitrag zum BIP normalerweise relativ gering. Im Jahr 2021 jedoch trugen die Nettoexporte 1,7 % zum Wachstum bei, was zu einem Wachstum von 8,1 % führte. 

Quelle: National Bureau of Statistics China

Bereits Ende 2022 zeichnete sich ein deutlicher Rückgang der Nettoexporte Chinas mit einem Wert von 1,0% ab. Damit verzeichnet China für 2022 einen Verlust von 0,7% im Vergleich zum Vorjahr.

Für das Jahr 2023 wird ebenfalls erwartet, dass die Auslandsnachfrage schwächer ausfallen wird als zu Pandemiezeiten. Dies kann auf mehrere Faktoren zurückzuführen sein, darunter globale wirtschaftliche Bedingungen sowie innenpolitische Unsicherheiten in China, die die Exportleistung beeinträchtigen könnten. Die Pandemie bedingten Herausforderungen in Bezug auf Arbeitsausfälle und Produktionsstörungen könnten ebenfalls die Fähigkeit Chinas zur Erfüllung der Exportnachfrage beeinträchtigen.

Prioritäten jonglieren: Chinas Fahrplan für Stabilität und Wohlstand

Die Erholung der chinesischen Wirtschaft nach dem Ende der strikten Null-Covid-Politik kommt nicht so recht voran. Die Wellen des Shanghai-Lockdowns wirken nach. 

Während des harten Lockdowns war Chinas Wirtschaftsmetropole zwei Monate lang heruntergefahren. 

Jetzt verzeichnet der Dienstleistungssektor den schwächsten Wert seit China Ende letzten Jahres seine COVID-Beschränkungen gelockert hat, wie aus den Daten des National Bureau of Statistics hervorgeht. 

Laut Julian Evans-Pritchard, Leiter der Abteilung für China-Wirtschaft bei Capital Economics, wird „der Dienstleistungssektor nach einem kurzlebigen Wiedereröffnungsschub offenbar in eine neue Normalität nach der Pandemie mit langsamerem Wachstum übergeh[en].“

Um die Wirtschaft anzukurbeln, hat die chinesische Regierung verschiedene Maßnahmen ergriffen, darunter auch die Unterstützung des Immobiliensektors und die Steigerung des Binnenkonsums. Die Stabilisierung der Beschäftigung und die Bekämpfung der lokalen Schuldenrisiken sind ebenfalls Prioritäten.

Die Regierung strebt eine stabile wirtschaftliche Entwicklung an, und Investoren weltweit beobachten gespannt die Umsetzung dieser Politik.

Im zweiten Quartal 2023 verzeichnete China ein BIP-Wachstum von 6,3 %, blieb jedoch hinter den erwarteten 7,3 % zurück. Die strengeren Covid-19-Beschränkungen beeinflussten das Wachstum, was zu einer Verlangsamung auf 0,8 % pro Quartal führte. 

Quelle: China: Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) vom 2. Quartal 2020 bis zum 2. Quartal 2023, Statista 2023

Es kriselt an vielen Stellen

Auch an anderen Stellen wird es immer offensichtlicher, dass China in einer Krise steckt. Besonders besorgniserregend ist die Jugendarbeitslosigkeit, die im Juni einen historischen Höchststand erreichte. Im Mai 2023 lag die Arbeitslosenquote Chinas bei unter 16 bis 24 Jährigen bereits bei 20,8%. Im Juni erhöhte sich der Wert weiter. Damit sind 21,3 % der Menschen zwischen 16 und 24 Jahren ohne einen festen Job.

 

Ein konservativer Ansatz in turbulenten Zeiten

Die Kommunistische Partei Chinas hat für das Jahr 2023 ein Wachstumsziel von 5 % festgelegt, was bemerkenswert konservativ ist, wenn man bedenkt, dass das Land seit 1978 ein durchschnittliches jährliches BIP-Wachstum von 9 % verzeichnete.

Dennoch hat die chinesische Regierung verschiedene Initiativen angekündigt, um bestimmte Sektoren zu unterstützen und privaten sowie ausländischen Investoren ein günstigeres Investitionsumfeld zu bieten. 

Neben der Senkung der Leitzinsen für die Kreditvergabe hat sie auch weitere Schritte zur Stimulierung des Wirtschaftswachstums ergriffen. Diese neuen Konjunkturmaßnahmen zielen darauf ab, gezieltere Effekte zu erzielen, ohne dabei erhebliche finanzielle Eingriffe vornehmen zu müssen. Trotzdem bleiben wichtige Details dieser Initiativen noch unklar.

Experten wie Julian Evans-Pritchard von Capital Economics und Rory Green von TS Lombard betonen die Herausforderungen für die chinesische Wirtschaft. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind weiterhin spürbar, während der Immobiliensektor angeschlagen bleibt und regulatorische Änderungen die wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen. Präsident Xi Jinpings Vision des „gemeinsamen Wohlstands“ führt zu Veränderungen, die ebenfalls Auswirkungen haben.

Die große Mauer der Ungewissheit: Investoren beobachten gespannt Chinas Zukunft

Die Prognosen von TS Lombard deuten darauf hin, dass sich die chinesische Wirtschaft bis Ende 2023 stabilisieren wird, aber langfristig mit einer strukturellen Verlangsamung von etwa 4 % jährlich zu rechnen ist. Anpassungen und Reformen sind notwendig, um das Wachstum anzukurbeln, und die Unsicherheit für Investoren bleibt bestehen.

Die globale Wirtschaft wird genau beobachten, wie sich die Situation in China entwickelt, da internationale Abhängigkeiten die Auswirkungen verstärken können. Investoren sind gespannt auf offizielle Ankündigungen und klare Umsetzungspläne zu den Initiativen, die eine bessere Investitionslandschaft für private und ausländische Investoren schaffen sollen.

Insgesamt bleibt die wirtschaftliche Entwicklung Chinas ein Thema von großem Interesse für die Welt. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu sehen, wie die

chinesische Regierung auf die Herausforderungen reagiert und wie sich die Wirtschaft weiterentwickelt.