Einer der Grundsätze der Demokratie ist es, dass staatliches Handeln gerichtlich überprüft werden kann. Problematisch dabei sind die unterschiedlichen Zeitachsen.
Die letzten Wochen haben gezeigt, dass der Staat in der Lage ist, Gesetze und Verordnungen innerhalb weniger Tage durch alle Gremien zu pressen und zu verabschieden. Der Einzelhändler oder Gastronom hingegen, dem sein wichtigstes Grundrecht, nämlich das der freien Berufsausübung seit Monaten genommen wurde, konnte sich nur im Rahmen von Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten gegen die Einschränkungen wehren. Wer sich fragt, warum sich diese Berufsgruppen nicht wehren, dem sei erläutert, dass es schwer ist, sich gegen den Staat zu verteidigen.
Im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens werden Gerichte nur dann den Antragstellern Recht geben, wenn Hygienekonzepte die gleiche Wirksamkeit haben, wie die Schließungen. Ein nahezu unmögliches Unterfangen. Was ist schon so wirksam, wie alle in den Keller zu stecken, wenn man weiß, dass einer oder zwei ansteckend sein könnten.
Nehmen wir ein Freibad in einer Region mit niedriger Inzidenz (=niedrige Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung). Nahezu alle Experten scheinen sich einig zu sein, dass Bewegung an der frischen Luft eher förderlich ist, als gefährlich. Das im Wasser enthaltene Chlor zerstört Viren zusätzlich. Das Freibad hat dazu verfügt, dass auf jeder Bahn nur ein Gast schwimmen darf (was natürlich wirtschaftlich trotzdem katastrophal ist) und es dürfen sich nur negativ getestete Gäste zum Schwimmen anmelden. Die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung ist in diesem Fall praktisch ausgeschlossen. Aber eben nur praktisch. Weil theoretisch könnte der Test falsch sein und die Schwimmer könnten sich gegenseitig anhusten.
Also ist dieses Konzept gleich wirksam wie die Schließung? Nein, sagen die Gerichte: 99,7% sind eben keine 100% – also bleibt es lieber dicht und – jedenfalls im Eilverfahren – hat der Betreiber kaum eine Chance. Im Hauptsacheverfahren ist das natürlich völlig anders, aber das dauert Monate und hilft dem Betreiber nicht. Er kann also nur hoffen, dass (wie in der vergangenen Woche offenbar geschehen) es das höchste Verfassungsgremium ist, dass dem Bund einen Hinweis erteilt, dass er so nicht weitermachen kann. Wenn von einzelnen Personen (mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit) keine Gefahr mehr ausgehen kann, dürfen deren Grundrechte auch nicht mehr eingeschränkt werden. Das gilt zunächst für vollständig Geimpfte und Genesene. Deshalb musste der Staat handeln und zumindest vollständig Geimpfte von den Grundrechtseinschränkungen (zumindest teilweise) ausnehmen. Wenn er etwas mutiger wäre, würde er auch professionell Getestete jeweils für einen kurzen Zeitraum miteinbeziehen. Aber Mut ist ein Attribut, welches man bei staatlichem Handeln häufig vermisst.
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Photo by Anastasiia Chepinska on Unsplash
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