Die Digitalisierung findet vor allem in den Emerging Markets statt, auch wenn der China-Crash das derzeit überschattet. Dennoch ist der Emerging Markets Digital Leaders auf einem guten Weg. Wir blicken auf das erste Jahr unseres neuen Fonds zurück und wagen einen Ausblick auf 2022.
Nach einjährigen Vorbereitungsarbeiten war es Anfang April 2021 endlich soweit: Die Emerging Markets Version des erfolgreichen The Digital Leaders Funds ging an den Start. Im Anfangsportfolio hatten wir mit Hilfe von Baki, mit dem ich schon vor 20 Jahren bei der DWS in einem Team erfolgreich zusammengearbeitet hatte, und des Morgan Stanley Veteranen Ashutosh Sinha unsere Favoriten aus den drei Säulen versammelt: Digital Business Leaders, Digital Transformation Leaders und Digital Enablers. Wer von Euch die Bilanz des The Digital Leaders Fund nachlesen möchte, kommt hier zu Bakis Bilanz und Ausblick.
Wachstum bei digitalen Champions in Emerging Markets
2021 war fundamental gesehen ein gutes Jahr für digitale Geschäftsmodelle, und das gilt vor allem für Emerging Markets. Die Pandemie hat den Trend hin zu digitalen Geschäftsmodellen forciert, und die Umsätze unserer Portfoliounternehmen wuchsen fast ausnahmslos zweistellig. Unter den Top 10 App Märkten (gemäß Google Play Downloads) weltweit finden sich bis auf die USA nur noch Emerging Markets, und auch die USA dürften zunehmend nach unten durchgereicht werden, wie die untere Grafik zeigt.
Wie kaum ein anderer Chart zeigt der untere, wie stark digitale Champions aus den Emerging Markets wachsen: die allmähliche Eroberung der einzelnen Länder Lateinamerikas durch Mercadolibre. Nutzten vor vier Jahren nur rund ein Prozent der Bevölkerung den E-Commerce Marktplatz, so sind es in Brasilien und Argentinien mittlerweile knapp zehn Prozent. Das bedeutet auch, dass 90 Prozent den Dienst noch nicht nutzen. Daraus schlussfolgern wir, dass noch erhebliches Potential besteht.
Das Jahr der Probleme im chinesischen Kalender vermiest die Performance
Dennoch lief nicht ganz alles nach Plan. Während die meisten Emerging Markets bisher moderat im plus abschließen, verschreckte die chinesische Staatsführung die Märkte mit einer ganzen Breitseite von regulatorischen Initiativen. Dabei sind die Ziele im Allgemeinen durchaus begrüßenswert. So will die Führung in Beijing den Wettbewerb im Lande stärken, soziale Mindeststandards für Angestellte gewährleisten oder ausufernde Ausgaben für die Eltern schulpflichtiger Kinder begrenzen. Der Markt reagierte aber angesichts der Unsicherheit und der nicht immer glücklichen Kommunikation verschnupft und viele Werte wurden vom Markt im Vergleich zum finanziellen Ergebnis der regulatorischen Maßnahmen übermäßig abgestraft.
Diese Entwicklung hat auch uns überrascht: Wir haben das China Exposure des Fonds zwar von der Anfangs Gewichtung von rund 40 auf unter 25 Prozent sukzessive reduziert. Dennoch konnten wir uns dem negativen Trend an den Märkte für China-Tech-Aktien nicht entziehen.
Das Paradebeispiel für die Geschehnisse ist die Aktie des chinesischen E-Commerce Riesen Alibaba. Diese performte letztes Jahr noch weitestgehend im Tandem mit Amazon und war bei höherem Wachstum vergleichbar bewertet. Die Strafe für die Wettbewerbsbehinderung in Höhe von 3 Milliarden oder vier Prozent des Umsatzes erscheint durchaus maßvoll. Selbst wenn man die „freiwillige“ Spende von 15,5 Milliarden Dollar zum Gemeinwohl mit einrechnet, kommt man auf „nur“ 18,5 Milliarden Dollar an Zahlungen. Der Markt hat dagegen rund 500 Milliarden, oder 60 Prozent der Marktbewertung, abgeschlagen. Unterdessen hat der Kurs von Amazon in der Zwischenzeit weiter angezogen. Mittlerweile ist Alibaba trotz des unverändert starken Wachstums mit gerade einmal neunmal des jährlichen Cashflows bewertet.
Der nachfolgende Chart zeigt, dass für den breiteren Markt das gleiche gilt wie für unser Beispiel, selten hat der Markt in seiner fast 30-jährigen Historie wie heute unter Buchwert gehandelt. Wir glauben, dass solche Verwerfungen für 2022 eine historische Kaufgelegenheit eröffnen.
Wir glauben auch, dass es wichtig ist die größeren Zusammenhänge im Auge zu behalten: Die chinesische Staatsführung möchte die bisher oft in Wild-West-Manier operierenden Digital Business Champions einbremsen und auf die übergeordneten Ziele einnorden. Dabei gibt es strukturelle Verlierer, wie die Education Stocks.
Ein weiteres Problem ist die Frage des Schutzes von Nutzerdaten bei US Listings, wie der Fall Didi aufgezeigt hat. Die chinesische Staatsführung möchte in jedem Fall verhindern, dass die Unternehmen Nutzerdaten an die USA weitergeben. Die USA beharren dagegen auf umfassende Informationspflichten zugunsten der US-Wirtschaftsprüfer. Das seit bald 20 Jahren andauernde Spektakel, das mit Sicherheit auch durch das Prisma der Rivalität der beiden größten Volkswirtschaften der Welt gesehen werden muss, führt zu einer zunehmenden Abwanderung der Unternehmen nach Hongkong. Die Hong Kong Exchange profitiert von diesem Trend und bleibt daher unsere chinesische Top-Gewichtung.
Gleichzeitig hat die chinesische Staatsführung aber kein Interesse an einer schwachen Börse, nicht zuletzt, weil 200 Millionen Chinesen Aktionäre sind. Mit der Beijing Stock Exchange wurde im September sogar eine fünfte Börse mit dem Fokus auf junge Technologieunternehmen gegründet. Prosperierende Digitalunternehmen sind aber auch für das allgemeine Wirtschaftswachstum wichtig. Noch vor zehn Jahren machten Internetaktien nur fünf Prozent der Marktkapitalisierung aus, heute ist es knapp die Hälfte. Wir gehen daher davon aus, dass die aktuelle Kursschwäche im Langfristchart eher eine Delle als eine Kehrtwende sein wird.
Gute Einzeltitelselektion unterstützt die Performance
Ein glückliches Händchen hatten wir hingegen bei unserer Top Picks. Vor allem unsere Werte in Osteuropa sind gut gelaufen. Das zeigt auch, dass geographische Diversifikation in Emerging Markets durchaus Sinn macht, da politische und regulatorische Risiken länderspezifisch auftreten.
Kaspi – Die Super App aus Kasachstan
Ein absolutes Highlight war unsere Top Position, die Kaspi Aktie, die wir gleich zur Fondsauflegung als ersten Wert vorgestellt haben. Die digitale Spur der monatlichen Nutzer zeigte kontinuierlich aufwärts, obwohl schon über die Hälfte der Bevölkerung des zentralasiatischen Landes zu den monatlich wiederkehrenden Kunden gehört. Der Aktienkurs scheint einen wahren Freudentanz um die Trendlinie zu vollziehen. Eine solche Super-App, ein Triumvirat aus E-Commerce, Fintech und Payment, findet man äußerst selten. Die Kombination der Funktionalitäten analog zu denen von Amazon, Paypal und Mastercard ist extrem margenstark. Daher ist sogar eine Dividende von knapp fünf Prozent noch drin. Das Unternehmen plant außerdem die Expansion ins benachbarte Ausland: Neben Azerbaijan ist auch die Ukraine nicht weit entfernt. Nach der Übernahme eines Payment Unternehmens erwartet Kaspi dort im ersten Halbjahr 2022 die Genehmigung der Übernahme einer Banklizenz. Das von einem in Harvard ausgebildeten Management geführte Kaspi zeigt, wie sehr es sich lohnt auch fernab der großen Märkte Research zu betreiben.
Shoper – Die Nummer zwei im Depot
Aber auch die Nummer 2 im Fondsdepot, die Shoper Aktie, hat uns nach dem Börsendebüt viel Freude bereitet. Das polnische Pendant zu Shopify spezialisiert sich darauf den Internetauftritt für kleine und mittlere Unternehmen zu gestalten und ist in Polen Marktführer. Für die globale Konkurrenz ist der Markt mit der eigenen Sprache und dem modifizierten Alphabet zu klein, um konkurrenzfähige Preise anbieten zu können.
Der Fall zeigt, wie produktiv das Zusammenspiel von regionaler Expertise mit Know-How in digitalen Geschäftsmodellen beim EMDL ist. Kontaktiert wurden wir bereits kurz nach Auflegung des Fonds von einem Broker, den ich noch aus den erfolgreichen Zeiten im Fondsmanagement der DWS-Zeiten vor gut 20 Jahren kenne. Unser globales Know-how half uns dann anschließend entscheidend im Vorfeld des IPOs mit dem Management auf Augenhöhe zu sprechen. Unsere Position als langfristiger Anker-Investor führte dann auch zu einer exzellenten Allokation. Die Aktie hat sich mit einem Plus von rund 50 Prozent seit dem IPO im Mai glänzend entwickelt.
Dabei hat auch geholfen, dass man den Konkurrenten Shoplo zu einer sehr günstigen Bewertung übernehmen konnte. Besonders attraktiv ist dabei, dass nur die Kundenbeziehungen erworben wurden, das Personal verbleibt bei der veräußernden Gesellschaft in einem anderen Geschäftsfeld. Dadurch gibt es keine konkurrierenden Technologien oder Teams zu managen. Die Überführung der Kunden auf die Shoper Plattform mittels Teams auf beiden Seiten ist mittlerweile abgeschlossen.
Indiens IPO Welle
Die Digitalisierung in Indien ist, gegenüber China um einige Jahre verspätet, kommt jetzt aber in die Gänge. Die Zahl der Internetnutzer ist in den letzten Jahren um das fünffache auf 800 Millionen Nutzer angestiegen. Die Zahl der Mobile User lag zuletzt bei 500 Millionen mit den Datengebühren, die zu den geringsten in der Welt gehören. Damit ist Indien nach China der zweitgrößte Internetmarkt der Welt. Außerdem verfügt Indien über die einzigartige Payment Struktur UPI (Unified Payment Interface) auf Basis von biometrischen Daten der Aadhar Datenbank mit 1,3 Milliarden Nutzern in Verbindung mit Telefon und Bankkonto über die bereits über die Hälfte aller digitalen Zahlungen abgewickelt werden. Das vereinfacht die Akquisition von Kunden für digitale Geschäftsmodelle. In den nächsten vier Jahren wird eine Verdopplung der E-Commerce Nutzung erwartet.
Viele indische Unicorns erreichen jetzt ihre Börsenreife, dazu erleichtern neue Regularien das Listing im Hauptsegment der Börse. Vor diesem Hintergrund erwarten wir eine ganze Reihe von interessanten IPOs digitaler Geschäftsmodelle. Goldman Sachs erwartet in den nächsten beiden Jahren jeweils 20 bis 30 Milliarden Dollar an neuen IPOs. Die Marktkapitalisierung soll dabei bis 2024 um 50% steigen und den Aktienmarkt zum fünftgrößten der Welt erheben.
Gleichzeitig ist der Markt mit einem KGV von über 20 nicht ganz billig und nicht alle IPOs sind fair gepreist. So wurde der digitale Zahlungsabwickler Paytm mit 2.150 Indian Rupee viel zu teuer an den Markt gebracht. Der Kurs brach innerhalb von zwei Tagen um ein Drittel auf rund 1.400 Rupee ein. Wie immer wird hier unsere Aufgabe sein, diszipliniert vorzugehen und die attraktiv bewerteten Börsenneulinge herauszufiltern. Darauf freuen wir uns. Natürlich hilft uns dabei auch, dass mein Kollege Ashutosh Sinha Inder ist und auf eine lange Karriere bei Morgan Stanley zurückblicken kann.
Fazit und Ausblick
Der Start war für den EMDL etwas holprig. Zuerst fiel er ins Minus, dann drehte er ins Plus, bis erneut die China-Tech-Korrektur die Kurse nach unten trieb. Seit der Auflage liegt das Minus zurzeit bei knapp acht Prozent. Damit sind wir unbeachtlich der Marktentwicklung natürlich nicht zufrieden. Wir denken aber, dass wir ein attraktives Portfolio haben, das gut für die Zukunft aufgestellt ist und das vom Comeback vieler Aktien profitieren wird.
Wir glauben, dass die massiven Kursrückgänge in China historisch günstige Einstiegskurse darstellen. In diesem Sinne freuen wir uns, Euch unseren neuen China-Experten präsentieren zu dürfen. Der gebürtige Deutsche Mirko Wormuth, der 23 Jahre in China gelebt hat und fließend Chinesisch spricht, stößt pünktlich zum Jahresende zu uns, um uns bei der Auswahl chinesischer Aktien mit Rat und Tat zu unterstützen. Mehr zu und von Mirko erfahrt Ihr im Januar 2022.
Die digitalen Geschäftsmodelle werden auch angesichts von höherer Inflation und höheren Zinsen weiter prosperieren, da es sich um einen säkularen Trend handelt. Der leidige “Pandemie-Zuschlag” verstärkt diesen Effekt noch weiter. Wir betrachten die aktuelle Schwäche daher als normale Delle in einem weiter intakten Aufwärtstrend.
Wir erwarten außerdem eine ganze Reihe attraktiver IPOs, darunter auch in Indien und den anderen südostasiatischen Ländern, die für Freude sorgen dürften. Unser Netzwerk und die lokale Expertise vor Ort sollten dafür sorgen, dass wir auch hier frühzeitig für den EMDL mit dabei sind und ähnlich erfolgreiche Investments wie Kaspi und Shoper werden.
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