Dieses Urteil ist Balsam für die Seele eines jeden, der in den letzten Jahren den Qualitätsverfall bei der Deutschen Post AG am eigenen Leib miterleben musste: Briefe werden verspätet oder gar nicht zugestellt. Kundenservice bei Reklamation? Fehlanzeige! Man wird nur vertröstet, auf andere Zuständigkeiten (Passierschein A38) verwiesen oder einfach ignoriert. Die Leidtragenden dieser Geschäftspolitik sind überarbeitete Briefzusteller, die sich dem Zorn der Geprellten ausgeliefert sehen, und – natürlich – die Kunden, die Briefe verschicken oder empfangen möchten.
44 Prozent mehr Beschwerden als im Vorjahr
Der Verbraucherservice der Bundesnetzagentur erhielt im Jahr 2019 deutlich mehr Beschwerden als noch im Vorjahr. Während 2018 insgesamt 12.615 eingingen, waren es 2019 bereits 18.209 Beschwerden – das entspricht einem Zuwachs von sagenhaften rund 44 Prozent.
Stellt man diesem Qualitätsverfall das jährlich steigende Porto gegenüber, kann man gut verstehen, wieso einer Frau aus Bayern nun der Kragen geplatzt ist und sie deswegen sogar bis vor das Oberlandesgericht Köln zog.
Post muss 18.000 Euro Schadensersatz zahlen
Die Frau aus Bayern wollte bei ihrem Arbeitgeber Urlaubsansprüche von mehr als 20.000 Euro geltend machen, den sie aufgrund ihrer Schwangerschaft und der darauffolgenden Elternzeit nicht hatte nehmen können. Da diese Ansprüche schriftlich und mit einer Frist bis zum 29. September anzumelden waren, wählte die Frau die Versandmethode „Expresszustellung mit dem Zusatzservice Samstagszustellung“. Es kam wie es kommen musste: Der Brief ging viel zu spät beim Arbeitgeber ein und der Anspruch auf 20.000 Euro war verloren. Die Post erstattete der Frau aus Kulanz jedoch großzügiger Weise das Porto von 23,80 Euro.
OLG Köln entkräftet die Ausreden der Deutschen Post
Die Post argumentierte, dass auf dem Brief nicht angegeben war, dass die Empfängerin – eine Klinik – eine GmbH war. Weiterhin hätte der Brief nicht zugestellt werden können, da sich auf dem Briefkasten keine Beschriftung befand. Der Umstand, dass der Brief dann doch zugestellt wurde, nur eben zu spät, entlarvt die Argumente der Deutschen Post schon auf den ersten Blick als faule Ausreden. Dies sah auch das Oberlandesgericht Köln so und stellt fest, dass es keinerlei Anhaltspunkte für eine Adressungenauigkeit zum Zeitpunkt der Zustellung gegeben habe. Der Postbote hätte außerdem auch einfach an der durchgehend besetzen Pforte der Klink nachfragen können, ob es sich hier wirklich um die Klink handele, sofern hieran wirklich Zweifel bestanden hätten.
Nach dem entsprechenden Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Köln (Beschl. v. 16.04.2020 Az. 3 U 225/19) ist ein vorangegangenes Urteil des Bonner Landgerichts nun bestätigt, das einer Postkundin Schadensersatz in Höhe von 18.000 Euro zugesprochen hatte.