OLG Hamm: Versicherer muss Wirtin nicht für Corona-Shutdown entschädigen

Die Pandemie ist für viele Unternehmen existenzbedrohend: Sie haben mit Öffnungsverboten und Auflagen zu kämpfen, während die Betriebsausgaben weiter laufen. Doch muss eine Betriebsschließungsversicherung bei Corona leisten? In dem Streit darüber, ob Betriebsschließungsversicherungen für Schäden der Corona-Pandemie haften, wurde jetzt die Position der Versicherer gestärkt.

Der Beschluss des Oberlandesgericht (OLG) Hamm zeigt jedenfalls, dass Zivilklagen gegen Versicherungen wegen behördlich angeordneten Corona-Zwangsschließungen ungewisse Erfolgsaussichten haben.

Die Inhaberin einer Gaststätte musste während des Corona-Lockdowns schließen. Sie verfügt über eine Betriebsschließungsversicherung und forderte rund 27.000 Euro von ihrer Versicherung. In dem Eilverfahren wurde entschieden, dass die Versicherung nicht zahlen muss, nachdem bereits das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hatte.

In den streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen fand sich eine abschließende Auflistung von Krankheiten und Krankheitserregern. In der Aufstellung war jedoch das zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannte Covid-19-Virus nicht aufgeführt. Nach Ansicht der OLG-Richter in Hamm habe die Antragstellerin daher auch kein Anspruch auf die Leistung, denn die Krankheitserreger in den Versicherungs-Bedingungen seien als abschließend zu betrachten. Das Gericht verwies auf Formulierungen wie „nur die im Folgenden aufgeführten“ und die anschließende ausführliche Auflistung einer Vielzahl von Krankheiten und Erregern. Diese machten dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der für die Auslegung maßgeblich sei, deutlich, dass der Versicherer nur für die genannten, vom ihm einschätzbaren Risiken einstehen wolle.

Selbst der Hinweis auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) könne nicht so verstanden werden, dass der Versicherer für eine spätere Erweiterung des Gesetzes anlässlich der Corona-Pandemie nachträglich einstehen will.

Es sind aktuell noch viele Verfahren anhängig, eine genaue Richtung allein aufgrund dieses Beschlusses kann daher noch nicht abgesehen werden. Die Entscheidung zeigt vielmehr, dass es in jedem Einzelfall maßgeblich auf die konkret vereinbarten Versicherungsbedingungen ankommt. So stellen andere Versicherungen etwa auch auf den jeweils aktuellen Stand des IfSG ab, sodass die Rechtslage in diesen Fällen anders zu beurteilen ist.

Anders entschieden hatte beispielsweise auch das Landgericht in Mannheim in einem ähnlichen Fall. Laut den Richtern in Mannheim habe die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch aus der bestehenden Betriebsschließungsversicherung, auch wenn Covid-19 nicht ausdrücklich in den Bedingungen erwähnt wird. Da Covid-19 erst im Januar 2020 als meldepflichtige Krankheit vom Bundesgesundheitsministerium erfasst wurde, konnte es in den streitgegenständlichen Verträgen noch gar nicht auftauchen. Die Aufzählung der Krankheiten sei als beispielhaft und daher nicht als abschließend zu sehen.

Grundsätzlich ist, im Hinblick darauf, dass wohl niemand auf diesem Planeten eine derartige Corona Pandemie voraussehen konnte, nur die zweite Entscheidung des LG Mannheim tragbar. Dass Versicherer sich trotz abgeschlossenen Vertrags aus der Leistungspflicht ziehen wollen, ist ausschließlich eine wirtschaftliche Entscheidung und das Ausnutzen einer Lücke im Wortlaut, wo jedoch genau das Risiko einer derartigen Situation Inhalt des Versicherungsvertrags war. Die Entscheidung des OLG Hamm ist nach Ansicht der meisten Versicherungsrechtsexperten untragbar.

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