Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied mit Urteil vom 18.06.2020, dass ein Leasingnehmer seinen Leasingvertrag über einen PKW auch nach mehr als einem Jahr noch widerrufen konnte. Dafür hat ein weit verbreiteter Formfehler in Leasing-Verträgen von Sixt Leasing gesorgt.
Der Kläger hatte im März 2017 bei Sixt geleast und zahlte eine Rate von rund 550 Euro pro Monat. Der Vertrag sollte ursprünglich fünf Jahre laufen. Im Juli 2018 hat er den Vertrag widerrufen und begründete dies damit, dass er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht aufgeklärt worden sei. Zu dem Zeitpunkt war der Kläger bereits etwa 40.000 km mit dem Fahrzeug gefahren.
Die Sixt Leasing sah das natürlich anders, musste dann aber vor dem OLG München eine Niederlage einstecken. Denn das OLG entschied, dass die Angaben zur Rückgabefrist in der Widerrufsbelehrung widersprüchlich und für den Verbraucher nicht verständlich seien. Zudem sei der Verbraucher nicht auf eine eventuelle Wertersatzpflicht hingewiesen worden.
Maßgeblich war folgender Abschnitt in der Widerrufsbelehrung:
„Widerrufsfolgen
Soweit das Leasingobjekt bereits übergeben wurde, hat ihn der Vertragsnehmer spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzugeben und für den Zeitraum zwischen der Übergabe und der Rückgabe des Leasingobjektes anteilig die vereinbarte Gesamtrate zu entrichten.
* Der Vertragsnehmer hat das Leasingobjekt unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag, ab dem er den Vertragsgeber über den Widerruf des Vertrages unterrichtet, an uns oder den ausliefernden Händler zurückzusenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn der Vertragsnehmer das Leasingobjekt vor Ablauf der Frist von 14 Tagen absendet. …“
Aufgrund der beiden unterschiedlichen Fristen sei für den Kunden nicht zu erkennen gewesen, zu welchem Zeitpunkt er das Fahrzeug zurückgeben müsse, um die Widerrufsfrist zu wahren. Aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung sei die Widerrufsfrist nicht abgelaufen und der Widerruf wirksam erfolgt, entschieden die Münchner Richter.
Somit erhält der Kläger gegen Rückgabe des Fahrzeugs sämtliche von ihm gezahlten Leasingraten zurück, ohne dass er sich einen Wertersatz oder einen Nutzungsersatz für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen muss. Er ist das Auto quasi „kostenlos“ gefahren.
Das Urteil ist nicht nur deshalb so interessant, weil es so weitreichende Folgen hat, sondern auch, weil das Urteil auf eine große Zahl von Sixt-Verträgen anzuwenden ist. Oft sind Fehler in der Widerrufsbelehrung auch anderen Leasinggesellschaften unterlaufen.
Sollten Sie also die oben aufgezeigte Passage in Ihrem Leasingvertrag finden und den Vertrag als Verbraucher im Fernabsatz (also per Internet, Fax, Briefpost) geschlossen haben, ist davon auszugehen, dass auch Sie den Widerrufsjoker noch Jahre nach Vertragsabschluss ziehen können. Es bleibt trotzdem aber noch abzuwarten, ob Sixt gegen das Urteil weitere Rechtsmittel einlegt.
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