Heute widmen wir uns der „SLM Solutions Group“, einem laut eigenen Angaben führenden Anbieter metallbasierter additiver Fertigungstechnologie. Das Lübecker Unternehmen konzentriert sich auf die Entwicklung, Montage und den Vertrieb von Maschinen und integrierten Systemlösungen im Bereich des selektiven Laserschmelzens und beschäftigt weltweit mehr als 400 Mitarbeiter. Die Produkte werden in der Luft- und Raumfahrt, dem Energiesektor, dem Gesundheitswesen oder auch im Automobilbau eingesetzt.
Das 2019er Zahlenwerk liest sich nicht gerade berauschend, hat man doch bei einem Umsatz von 49 Mio. Euro einen Verlust i.H.v. 47 Mio. Euro „erwirtschaftet“, das Jahr war das vierte Verlustjahr in Folge, mit einer Eigenkapitalquote von knapp einem Drittel (Ende 2019) ggü. 77% (Ende 2016) schmilzt die Substanz wie Butter in der Juli-Sonne dahin.
Warum ist das Unternehmen trotzdem einen Blick wert?
Nun, da ist in erster Linie die Eigentümerstruktur zu nennen, mit zuletzt 28% ist die „Elliott International Ltd.“ Wesentlicher Anteilseigner. Na, klingelt´s da? Richtig, das ist die Beteiligungsgesellschaft des Investor´s „Paul Singer“ aus New York City, gehört zu denen, die der ehemalige SPD Chef und Vizekanzler Franz Müntefering seinerzeit mal als „Heuschrecken“ bezeichnet hat. Passend dazu kamen in den letzten Tagen Stimmrechtsmitteilungen, die auch „Merrill Lynch“, seit der Finanzkrise Bestandteil der „Bank of America“ ist, als namhaften Anteilseigner (> 30%) ausweisen. Mit zusätzlichen 20% ist zudem ein weiterer „aktivistischer Investor“, die ENA Invest aus London, beteiligt.
Im Zuge der „Virus-Entwicklungen“ hat das Unternehmen zwar über ein recht gutes Q1/2020 berichtet, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass der Auftragseingang aktuell schlecht ist, vermutlich auch in 2020 weiteres Geld „verbrannt“ wird (also ein negativer Free-Cash-Flow generiert wird). Im Gegenzug dieser Beteiligungen/Aufstockungen hat der ehemalige Vorstandsvorsitzende und Eigner eines großen Aktienpaketes alles verkauft weil er ziemlich frustriert war – 2016 war er kurz davor, die Gesellschaft an General Electric (GE) zu verkaufen, Paul Singer/Elliot hat das aber dann verhindert.
Nüchtern betrachtet, also mit relativ wenig Cash, weiter zu erwartenden Verlusten und dem Rückzug des Großaktionärs, erscheint die Firma kein Hingucker zu sein. Als vor einigen Wochen jedoch zu der bestehenden noch eine neue Wandelanleihe angeboten (Volumen in Summe 60 Mio., Emission in 3 Tranchen á 20 Mio. je nach Bedarf), diese komplett von Seiten Singer/Elliot „freigezeichnet“ wurde, erschien uns die Lage dann doch eine Recherche wert zu sein.
Im Kursverlauf erkennen wir die „Übernahmefantasie GE“ (2016) mit Kursen > 40 Euro und Ende 2017 gar Kurse um 50 Euro. Danach folgte die Enttäuschung (Übernahme abgeblasen bzw. schlechte Ergebnisse von Quartal zu Quartal), die Aktien fiel Ende 2019 erstmals in den einstelligen Bereich (9,50 Euro), erholte sich zwar im Zuge des allgemeinen Aufschwungs (18 Euro Anfang 2020), stürzte dann vehement ab („der Großaktionär verlässt das sinkende Schiff“) und der/die/das Virus schickten die Aktien in Richtung 5,30 Euro am 16.03.2020. So ist das eben, wenn sich die vielen Zocker aus solch kleinen Unternehmen verabschieden.
Doch schon wenige Tage später zeigten diverse Chart-technische Indikatoren, dass sich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage ausgeglichen hatte, der MACD generierte am 24.03. dann ein erstes Einstiegssignal (Kurs 5,80), welches beim Durchbrechen der 38-Tages-Linie Ende April eine erste Bestätigung fand (Kurs 6,50). Seit der Bekanntgabe des Merrill Lynch Engagements (s.o.) steigt die Aktie annähernd täglich (zuletzt Richtung 9 Euro).
Wie auch immer sich diese Geschichte nun weiterentwickelt, spannend ist sie allemal und einmal mehr wird deutlich, wie viele Entwicklungen abseits der allgemeinen Wahrnehmung/Öffentlichkeit – unter dem Radar – so ablaufen…
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