Apple ist nicht nur ein ikonischer Brand für Verbraucher, auch für Investoren hat die Apple Aktie Kult-Status – inzwischen auch für Warren Buffett. Dieser Artikel behandelt, wie sich der Investment Case von Apple im Laufe der Zeit geändert hat, wer auf den fahrenden Zug aufspringt und wer nicht, und ob die Chancen für die Apple Aktie weiter gut stehen.
Moat = wörtl. Burggraben, der vor Konkurrenten schützt. Metapher, die einen Wettbewerbsvorteil darstellt, der es Unternehmen ermöglicht, langfristig höhere Renditen auf das investierte Kapital zu erzielen als ihre Konkurrenten.
Wie sich Warren Buffett irrte – und doch noch die Kurve kriegte
Irren ist menschlich. Bis 2016 hatte Warren Buffett die bereits seit 1980 gelistete Apple Aktie gemieden. Buffett zog sich lange Zeit auf sein Mantra zurück, er investiere nur in Unternehmen, die er verstehe und die in seinem „circle of competence“ lägen. Dazu zählte er Technologie Aktien eher nicht. Tech Aktien entsprachen lange Zeit nicht dem Beuteschema Buffetts – er sucht nach Cashflow-starken Geschäftsmodellen, die eine einfache Story erzählen.
Mit dem Siegeszug der Digitalökonomie in diesem Jahrtausend wurde aber auch dem Coke- und McDonalds-Fan klar, dass er sich dem Thema Tech-Investments nicht verschließen können würde. Er entschied sich für den vermeintlich „einfachen Weg“ und setzte auf einen der damals großen, erfolgreichen Tech-Konzerne: IBM. Buffett investierte 2011 knapp elf Milliarden Dollar in die IBM Aktie. Dass er nicht auf die „jungen Wilden“ setzte, begründete er 2012 auf dem jährlichen Berkshire Hathaway Treffen in Omaha, er sehe das Risiko geringer an, bei IBM falsch zu liegen als bei Apple oder Google.
Wir belassen es bei der unteren Grafik, die die Entwicklung der Apple Aktie im Vergleich zur IBM Aktie seit Anfang 2012 zeigt. Aus 10.000 Dollar machte die IBM Aktie 10.860 Dollar, bei Apple dagegen wurde aus derselben Summe ein Endbetrag von gut 125.000 Dollar. Seit ihrer Erstnotiz am 12. Dezember 1980 stieg die Apple Aktie um über 150.000 Prozent.
Apple sticht “Big Blue” aus
Ende 2016 wurde bekannt, dass Berkshire über 61 Millionen Apple Aktien gekauft hatte – aus dem Stand entsprach das damals 1,1 Prozent des Unternehmenswertes. Was war passiert? Einer Anekdote zufolge wurde Buffett der immensen Tiefe des Apple Ökosystems gewahr, als ein Berkshire Mitarbeiter vom traumatischen Verlust seines iPhones berichtete. (Vermutlich hatte Buffett nach und nach erkannt, dass sein Investment in „Big Blue“ ein Fehlgriff gewesen war und befand sich auf der Suche nach einem Ersatz, aber die Story ist trotzdem gut).
Seitdem zählt Buffett zu den großen Apple Fans. Er hat seine Position mehrfach aufgestockt. Zuletzt im zweiten Quartal 2022. Ende Juni hielt Berkshire Hathaway 894,8 Millionen Apple Aktien mit einem Marktwert von derzeit über 133 Milliarden Dollar. Inzwischen ist Apple mit Abstand die größte (gelistete) Position im Portfolio von Berkshire Hathaway mit einem Anteil von über 40 Prozent! Die Buffett-Holding zählt mit einem Anteil von 5,6 Prozent zu den größten Apple-Aktionären. Das bedeutet, dass viele Value-Investoren, die auf Berkshire Hathaway schwören, zugleich in den lupenreinen Growth-Wert Apple investiert haben, was erneut zeigt, dass der Gegensatz zwischen Growth und Value ein künstlicher ist.
Interessant ist, dass Buffett seinen Enthusiasmus immer in das Narrativ des Dividenden-Fans kleidet, wie beispielhaft aus seinem Jahresbericht 2021 hervorgeht:
“It’s important to understand that only dividends from Apple are counted in the GAAP earnings Berkshire reports – and last year, Apple paid us $785 million of those. Yet our “share” of Apple’s earnings amounted to a staggering $5.6 billion. Much of what the company retained was used to repurchase Apple shares, an act we applaud. Tim Cook, Apple’s brilliant CEO, quite properly regards users of Apple products as his first love, but all of his other constituencies benefit from Tim’s managerial touch as well.”
Aber das erzählt lange nicht die ganze Geschichte, in der es vor allem um das beeindruckende Ökosystem Apples geht, wie wir gleich sehen werden.
Warum sich Investoren schwer tun mit der Apple Aktie
Vielen Anlegern geht es wie Warren Buffett: Sie zögern, in die Apple-Aktie zu investieren. Viele Investoren hatten nach der langen Hausse der Apple Aktie immer wieder Angst, „zu spät“ gekommen zu sein und geben zu bedenken, dass die Apple Aktie hoch bewertet ist. Das ist nicht aus der Luft gegriffen. Die Bewertung der Apple-Aktie ist im Vergleich zum US-Aktienmarkt in den vergangenen Jahren immer hoch gewesen. Gemessen an den klassischen Kennzahlen wie Kurs-Buch-Wert-Verhältnis oder Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist die Aktie langfristig immer teurer geworden, wie die langjährige Bewertungsentwicklung in der unteren Grafik zeigt.
Steigende Bewertungen: Das Apple KGV seit 2012
Doch auch Investoren, die in die Zukunft schauen, die „Moat“-Vorteile von Apple berücksichtigen und Cashflow-Prognosen erstellen, kommen häufiger zu dem Schluss, dass die Apple Aktie überbewertet ist. Zu diesen zählt beispielsweise das Research-Haus Morningstar, das auf der Basis von Wettbewerbsanalysen die Fähigkeit von Unternehmen misst, überdurchschnittliche Kapitalrenditen zu erzielen. Adjustiert um einige Risikofaktoren berechnet Morningstar den Fair Value von Aktien. Die nachfolgende Grafik zeigt, dass auch unter Berücksichtigung des ökonomischen „Moat“ die Apple Aktie seit 2017 fast konstant über ihrem fairen Wert (ausgedrückt durch einen Price-/Fair Value Verhältnis von mehr als 1,0) notiert. Aktuell ist die Aktie laut der Morningstar Aktienanalysten um 16 Prozent überbewertet.
Überwiegend teuer? Cashflow-basierter Morningstar Fair Value in der Zehnjahresübersicht
Viel mehr als nur Hardware
Doch worauf beruht diese Einschätzung? Der für Apple zuständige Morningstar Analyst Abhinav Davuluri liefert stellvertretend für viele Anleger eine typische Begründung für die Zurückhaltung in seiner jüngsten Einschätzung. „Trotz seines bewundernswerten Rufs, seines treuen Kundenstamms und seiner einzigartigen Produkte kann der Consumer-Hardware-Bereich gegenüber Unternehmen unerbittlich sein, die nicht in der Lage sind, den Appetit der Kunden auf mehr Funktionen dauerhaft zu stillen.“ Angesichts der kurzen Produktzyklen bei Apple und der scharfen Konkurrenz glaube er nicht, dass Apple einen „Wide Moat“ besitze, so der Morningstar Analyst.
Viele Anleger zweifeln am weiteren Performance-Potential der Apple Aktie, weil sie Apple noch immer als Hersteller von Smartphones und Computern verstehen. Hier sind die Wachstumsaussichten tatsächlich begrenzt, auch wenn sich Apple im Hochpreissegment bewegt. Doch das Apple-Universum umfasst viel mehr als nur Hardware. Der Bereich Services macht zwar den kleineren Anteil am Umsatz aus, doch Profitabilität und Wachstum sind im Services-Bereich weitaus größer als im klassischen Apple Produktgeschäft. Die Bruttomarge im (hochpreisigen) Hardware-Geschäft von Apple lag im zweiten Quartal 2022 bei 34,5 Prozent; im Bereich Services sind es dagegen 71,5 Prozent.
Wir haben bereits frühzeitig auf das dicht geknüpfte Ökosystem von Apple hingewiesen, das einen breiten Kranz an Diensten umfasst, etwa Cloud Services, Musik, Video, Advertising, Payment Services, Apple TV+, Apple Arcade, Apple News+, Apple card, Apple Fitness+.
Im Gegensatz zu den vielen luftigen Prognosen bei vielen High-Growth Unternehmen sind Wachstum und Profitabilität bei Apple real: In den Finanzjahren 2018 bis 2021 ist der Umsatz regelrecht durch die Decke gegangen – von 265 Milliarden auf knapp 366 Milliarden Dollar. Für dieses Jahr werden laut Bloomberg über 390 Milliarden Dollar erwartet. Und es handelt sich um profitables Umsatzwachstum: Die EPS-Schätzungen für dieses Jahr lauten auf 6,1 Dollar nach 5,61 Dollar im Jahr 2021 und 3,28 Dollar 2020.
Versteht man die Apple Hardware als Tools, mit denen Konsumenten den Zugang zum Apple-Ökosystem erhalten, lässt sich auch weiterer Optimismus für die Apple Aktie rechtfertigen. Beobachtern ist einerseits zuzustimmen, dass den neuen Apple-Produkten die Killerapplikation fehlt. Das iPhone 14 und die neue Apple Watch bieten allenfalls inkrementelle Verbesserungen gegenüber der vorherigen Produktgeneration. Dass etwa das neue iPhone Notsignale über Satellit absetzen kann, ist für sich genommen nur ein Gadget (Skifahrer, die auf entlegenen Pisten unterwegs sind, werden das natürlich anders sehen).
Aber man sollte die Devices von Apple nicht nur als Konsumgut verstehen. Die über 1,8 Milliarden Endgeräte sind vielmehr der Zugang zum Internet -– in den USA nutzen bereits 50 Prozent der Smartphone-Besitzer das Apple Betriebssystem iOS als Tor zum World Wide Web. Und das Ökosystem von Apple wächst weiter. Die bereits erwähnte Satellitenkonnektivität von iPhones ist nicht nur für Skifahrer nützlich, sondern dürfte auch den Einstieg Apples in das Geschäftsfeld der satellitengestützten Kommunikation signalisieren, in dem sich Firmen wie Amazon/Verizon, OneWeb/ATT&T und Nokia/AST SpaceMobile tummeln.
Die größten Apple Investoren heute
Kommen wir nun zur Frage, wer die größten Investoren in Apple sind. Neben Warren Buffetts Holding Berkshire Hathaway mit 5,7 Prozent sind vier der fünf größten Apple-Investoren große Kapitalsammelstellen: Vanguard, BlackRock und State Street. Sie bringen es auf einen Anteil von gut 18 Prozent. Wer genauer hinschaut, sieht, dass es sich bei den drei Fonds-Giganten in erster Linie um Indexfondsanbieter handelt. In Summe halten Vanguard Indexfonds rund acht Prozent an Apple. Auf dem fünften Platz der Apple-Inhaber kommt auch ein aktiver Manager, Fidelity, mit einem Apple-Anteil von über zwei Prozent. Auf den Plätzen sechs bis zehn finden sich weitere Fondshäuser (T Rowe Price) und Banken (BoA), aber auch der norwegische Staatsfonds (der hinter der Norges Bank steht).
Die Top zehn Investoren in Apple:
Interessant ist der Blick eine Etage tiefer auf Ebene der Einzelfonds. Hier finden sich vor allem ETFs und andere Indexfonds. Der iShares S&P 500 Info Tech Sector ETF bringt es auf einen Apple-Anteil von knapp 27 Prozent. Im Xtrackers MSCI USA Information Tech ETF ist der Apple-Anteil fast ebenso groß. Angesichts der Dominanz von US-Techwerten weltweit ist das Apple-Gewicht ähnlich groß in globalen Tech-Indizes. In den ETFs von Xtrackers und SPDR, die den MSCI World Information Technology abbilden, bringt es die Apple Aktie auf ein Gewicht von rund 24 Prozent.
Dieses hohe Gewicht ist erklärungsbedürftig. In Europa gilt bei der Fondsregulierung die sogenannte 5/10/40-Regel. Sie besagt, dass kein Wertpapier einen Anteil von mehr als zehn Prozent eines Fonds ausmachen darf, und die Top fünf Holdings dürfen nicht mehr als 40 Prozent des Fondsgewichts auf sich vereinen. Diese Regel soll sicherstellen, dass Fonds diversifizierte Investmentvehikel sind.
Bei ETFs macht die europäische Regulierung indes eine Ausnahme. Hier gilt die 5/10/40 Regel nicht, da die Abbildung der Struktur eines Marktes Vorrang vor dem Diversifikationsprinzip hat.Das bedeutet, dass auch bei einem weiteren Anstieg des Apple-Gewichts in den globalen und regionalen Benchmarks ETFs unverdrossen weiter von der Partie sein werden.
Anders sieht es dagegen bei aktiven Fonds aus, bei denen das Gewicht der Apple Aktie auf zehn Prozent begrenzt ist. Faktisch pendelt sich das Apple-Gewicht auch bei High Conviction Ansätzen auf zwischen fünf und sieben Prozent. Das ist logisch, denn angesichts der Aussichten, die Apple Aktie beim Erreichen der Zehn-Prozent-Grenze verkaufen zu müssen, begrenzen Fondsmanager aus Chance-Risiko-Abwägungen zumeist das Gewicht auf deutlich unter zehn Prozent.
Allerdings liegt das Gewicht der Apple Aktie in vielen aktiv verwalteten Aktienfonds sogar bei unter fünf Prozent. So der Fall bei einigen klassischen Aktienfonds wie dem DWS Vermögensbildungsfonds I, DWS ESG Akkumula, UniGlobal, Fidelity World. In manchen Growth-Fonds, etwa beim Fundsmith Equity, Capital Group New Perspectives oder dem Allianz Interglobal ist die Apple Aktie gar nicht bzw. nur in sehr homöopathischen Dosen vertreten. Und längst nicht jeder Tech-Fonds setzt in großem Stil auf Apple, wie das Gewicht von etwas über fünf Prozent beim Fidelity Global Technology zeigt.
Mit anderen Worten: Viele Fondsmanager entscheiden sich bewusst gegen die Apple Aktie – aus welchen Gründen auch immer. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass bei aktiven Fonds mit Blick auf das Apple Engagement noch viel Luft nach oben besteht. Das Beispiel Warren Buffetts zeigt, dass auch Spätberufene zu Fans werden können. Auch der bereits erwähnte norwegische Ölfonds fällt in diese Kategorie. Das Engagement bei Apple beläuft sich auf 142 Millionen Stück. Das klingt nach viel, beläuft sich aber nur auf einen Anteil von 0,88 Prozent am Unternehmen. Das ist nicht überwältigend, wenn man bedenkt, dass der Fonds im Schnitt rund 1,5 Prozent an allen börsennotierten Unternehmen weltweit hält. Auch bei Staatsfonds ist also Luft nach oben vorhanden. (Der japanische Government Pension Investment Fund ist mit gut 99 Millionen Aktien der Staatsfonds mit dem zweitgrößten Apple Holding und befindet sich auf Platz 16 der Rangliste)
Apple Aktie: Es geht um Fakten, nicht um Glauben
Apple mag das wertvollste Unternehmen der Welt sein, aber das bedeutet nicht, dass jeder die Apple Aktie besitzt. Indexfonds sind naturgemäß gut dabei und werden immer gut dabei bleiben, egal, wie hoch der Anteil der Apple in Indizes sein wird. Aber das gilt längst nicht für aktiv verwaltete Fonds, die nur selten in großem Stil auf die Apple Aktie setzen. Natürlich werden vor allem Anleger, die auf klassische Kennzahlen wie das KGV (PE), KBV (P/B) oder K/CF (P/CF) achten, Apple als zu teuer ansehen. Die untere Tabelle zeigt, dass – gemessen an diesen Kennzahlen – Apple auch im Vergleich zu seinen Peers teuer aussieht.
Andere Anleger üben sich dagegen in Zurückhaltung, weil sie die Apple Produkte in den Vordergrund stellen und schlussfolgern, dass auch bei genialen Smartphones und trendigen Laptops die Grenze des Wachstums erreicht ist. Und selbst Investoren, die erkannt haben, dass Apple einen Moat hat, schätzen offenbar das Wachstumspotenzial als begrenzt ein. Die Optimisten machen dagegen geltend, dass Apple ein Ökosystem entwickelt hat, das sich immer stärker in unser Leben, unsere Arbeit und unser Wirtschaften drängt. Das mag für manche Menschen dystopische Angstphantasien schüren, aber immer mehr Anleger zeigen sich vom immer breiter werdenden Moat von Apple beeindruckt.
Beispielhaft für letztere ist der Wandel Warren Buffetts vom Skeptiker zum Apple-Fan. Heute machen Apple Aktien 40 Prozent des gelisteten Portfolios von Berkshire aus. Die Kombination aus ETFs und Anlegern wie Warren Buffett zeigt, dass sich die Apple Aktie auf breite Investorenschultern stützt. Aber wir haben auch gesehen, dass es noch Luft nach oben gibt – ein schönes Fazit in ansonsten düsteren Zeiten für Growth Aktien.
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