Versorger sind die heimlichen Profiteure der AI-/Cloud-Ökonomie. Die USA drücken unter Trump aufs Tempo, um sich an die Spitze der AI-Technologie zu setzen. Neben den bekannten Tech-Adressen gewinnen die Infrastruktur-Spezialisten eine strategische Bedeutung. Die Chancen und Risiken für Anleger – und ein Überblick über die führenden Versorger-Aktien.
Trump wirbelt die AI-Branche mit “Stargate” auf
Mit Beginn der zweiten Trump-Ära bahnt sich eine weitere Stufe der AI-Revolution an. Nur einen Tag nach seiner Inauguration hat der US-Präsident eine private Infrastruktur-Initiative bekannt gegeben – mit einem Umfang von zunächst 500 Milliarden Dollar. Mit diesen Investitionen sollen die USA den entscheidenden Vorteil im AI-Wettlauf erringen. Prominent mit von der Partie sind Open AI, Softbank und Oracle, die ein Joint Venture mit dem Namen “Stargate” ins Leben rufen wollen. Die Tech-Buddies von Trump beherrschen die Schlagzeilen, aber im Hintergrund steht eine vermeintlich langweilige Branche bereit, einen Teil der Früchte der AI-Revolution zu ernten: Versorger. Sie investieren in die Erzeugung, Übertragung und Verteilungsinfrastruktur, um das Wachstum von Rechenzentren zu unterstützen. Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die mit dem AI-/Cloud-Ökosystem zu tun haben, schneiden finanziell oft besser ab als solche, die nicht in diesem Bereich tätig sind. Wer die Profiteure unter den Versorger-Aktien sind, wollen wir heute aufzeigen.
Rechenzentren sind große Stromverbraucher, und ihr Wachstum führt folgerichtig zu einer erhöhten Nachfrage nach Strom. Es gewinnen die Versorger, die diese Rechenzentren beliefern. Dieses Wachstum ist eine wichtige Quelle für die US-Versorger, die der Markt erst langsam zu berücksichtigen beginnt. Der Sektor ist deshalb in Teilen unterbewertet. Doch das dürfte sich bald ändern: Hyperscaler wie Google gehen öffentlichkeitswirksam Partnerschaften mit Energieversorgern ein, um Industrieparks mit Gigawatt Rechenzentrumskapazität zu entwickeln. Häufig werden diese mit sauberen Energieanlagen betrieben. Der Energiehunger von Big Tech dürfte bald als ein wichtiges Investment-Thema entdeckt werden.
Versorger-Aktien: Die heimlichen Profiteure der AI-Revolution
Rechenzentren haben oft einen konstanten Strombedarf. Das macht sie zu interessanten Kunden für die Versorger, weil sich damit die Auslastung der Stromerzeugungsanlagen eines Versorgers verbessert und dazu beitragen kann, die Kosten zu senken. Sie sind rund um die Uhr in Betrieb und benötigen eine konstante, zuverlässige Stromversorgung, die den Versorgern vorhersehbare und erhebliche Einnahmen beschert. Die Ausweitung von Cloud Computing, künstlicher Intelligenz, Edge Computing und IoT hat dazu geführt, dass mehr Rechenzentren benötigt werden, was wiederum zu einem höheren Stromverbrauch führt.
Versorger, die in die Infrastruktur zur Unterstützung von Rechenzentren investieren, können von langfristigen Verträgen und stabilen Cashflows profitieren. Rechenzentren benötigen oft eine äußerst zuverlässige Energieversorgung und sind bereit, für garantierte Betriebszeiten und Ausfallsicherheit höhere Preise zu zahlen. Versorger können zusätzliche Einnahmen erzielen, indem sie Notstromversorgung, fortschrittliche Netzdienste und auf Rechenzentren zugeschnittene Energiespeicherlösungen anbieten.
Hyperscaler wie Google, Amazon und Microsoft haben ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele und suchen nach erneuerbaren Energiequellen. Versorger können diese mit Rechenzentren bedienen, für die erneuerbare Energien entwickelt werden, einschließlich Stromabnahmevereinbarungen (PPAs), die neue Solar- oder Windparks finanzieren und so das Portfolio des Versorgers für grüne Energie erweitern – ein Trend, der auch Versorger-Aktien zunehmend attraktiv macht.
Die Versorgung von Rechenzentren erfordert eine Aufrüstung des Netzes, z. B. durch Hochleistungsleitungen und verbesserte Umspannwerke. Diese Investitionen verbessern die Gesamteffizienz und Zuverlässigkeit des Netzes. Die Betreiber von Rechenzentren ermutigen Versorger, intelligente Netze und Microgrids einzuführen. Auch hier ergeben sich durch die Zusammenarbeit positive Spill-over-Effekte, da auch weitere Kunden von diesen Innovationen profitieren.
Das gilt auch für Kapazitätserweiterungen. Weil sich Rechenzentren oft in Gebieten mit niedrigen Stromkosten und günstigem Klima für die Kühlung befinden, trägt der Ausbau der Energie-Infrastruktur in häufig zur regionalen Wirtschaftsentwicklung bei. Auch dies ergibt eine weitere Win-win-Situation.
Wolken am Cloud-Himmel? Die Risiken für Versorger-Aktien
Trotz des Wachstumspotenzials stehen die Versorger vor der Herausforderung, auf den raschen Anstieg der Stromnachfrage zu reagieren. Projekte werden nicht schnell genug in Betrieb genommen, um die lokale Nachfrage nach Rechenzentren zu decken. Zudem kann der Energiebedarf von Rechenzentren die Netzinfrastruktur überfordern. Bevor also der Versorger von der gestiegenen Nachfrage profitieren kann, stehen mitunter erhebliche Investitionen in Übertragungs- und Verteilungssysteme an. Dies erfordert Kapitalausgaben, die die kurzfristige finanzielle Leistungsfähigkeit überfordern können.
Ein weiteres Risiko ist die Unbeständigkeit von regenerativen Energien. Das stellt eine Herausforderung für die Netzstabilität und -zuverlässigkeit dar. Das rasche Wachstum von Rechenzentren hat die Sorge geweckt, dass die Stromnetze überlastet werden und die Kohlenstoffemissionen steigen. Einige amerikanische Bundesstaaten wie Georgia haben Steuererleichterungen für Rechenzentren ausgesetzt, was Folgen für die Versorger haben könnte, die diese Kunden bedienen.
Ebenfalls in den USA haben Verzögerungen bei der Genehmigung und Subventionierung von Offshore-Windprojekten zu erheblichen Problemen für Versorger geführt. Mehrere große Projekte vor der Ostküste mussten aufgrund von Kostensteigerungen und regulatorischen Unsicherheiten abgebrochen oder verschoben werden. Dies hat zu Verlusten für Unternehmen wie Ørsted und Eversource geführt, die bereits erhebliche Investitionen getätigt hatten und hiernach massive Abschreibungen aktivieren mussten.
In Deutschland haben Verzögerungen beim Ausbau der Stromnetze zu Problemen für Versorger geführt. Die langsame Genehmigung und Umsetzung von Netzausbauprojekten, insbesondere bei den Nord-Süd-Trassen, hat zu Engpässen und erhöhten Kosten für Redispatch-Maßnahmen geführt. Dies belastet sowohl die Netzbetreiber als auch die Stromerzeuger, die ihre Produktion nicht optimal einspeisen können.
Auch in UK erweist sich der Staat mitunter als unsicherer Kantonist. Die Einführung einer Windfall-Profit-Steuer für Stromerzeuger führt zu Unsicherheiten und potenziellen Verlusten für Versorger. RenewableUK, ein Branchenverband, warnte, dass die im Herbst 2022 angekündigte Steuer “Investitionen in dringend benötigte neue Projekte für erneuerbare Energien stark abschrecken könnte”.
Somit stehen den beträchtlichen Wachstumschancen im Bereich der Rechenzentren nicht zu unterschätzende Risiken gegenüber. Ihre Leistung hängt im Vergleich zu Unternehmen, die nicht in diesem Bereich tätig sind, von verschiedenen Faktoren ab, u. a. von ihrer Fähigkeit, Investments zu stemmen, im komplexen regulatorischen Umfeld zu navigieren und von ihrer Fähigkeit, die Rentabilität trotz geringer Margen aufrechtzuerhalten. Die langfristigen Aussichten scheinen positiv zu sein, aber die kurzfristige Performance könnte uneinheitlich sein.
Versorger treffen Rechenzentren: Aktuelle Use Cases und Chancen für Versorger-Aktien
Mehrere US-Versorger haben strategische Partnerschaften und Vereinbarungen mit Rechenzentren geschlossen. Diese Beziehungen variieren in Art und Umfang, umfassen aber im Allgemeinen Stromversorgungsverträge, Infrastrukturentwicklung und Kooperationsinitiativen. Spezifische Beispiele dafür, wie diese Versorger mit Rechenzentren zusammenarbeiten, sind die folgenden:
- Stromabnahmevereinbarungen (PPAs): Viele Versorger schließen PPAs mit Betreibern von Rechenzentren ab und versorgen sie mit langfristigen, stabilen Stromquellen.
- Entwicklung von Rechenzentrumsparks: Einige Versorger entwickeln aktiv Rechenzentrumsparks und bieten Grundstücke, Infrastruktur und andere Ressourcen an, um Rechenzentrumsbetreiber anzuziehen.
- Investitionen in erneuerbare Energien: Um die wachsende Nachfrage nach sauberer Energie für Rechenzentren zu befriedigen, investieren Versorger in Projekte für erneuerbare Energien, wie z. B. Wind- und Solarparks.
Viele US-Versorger arbeiten aktiv daran, aus dem Boom der Rechenzentren Kapital zu schlagen. Sie entwickeln neue Tarifstrukturen, suchen nach kreativen Finanzierungslösungen und bilden Konsortien mit Partnern aus der Industrie, um den beispiellosen Nachfrageanstieg bei Rechenzentren zu bewältigen. Diese Partnerschaften und Initiativen zeigen, dass die Versorger bestrebt sind, sich an die sich verändernde Energielandschaft anzupassen und die Chancen zu nutzen, die sich durch die expandierende Rechenzentrumsbranche ergeben– ein Potenzial, das auch Versorger-Aktien für Anleger interessant macht.
In der nachstehenden Download-Tabelle finden Sie einige Versorger-Aktien, die mit Rechenzentren zusammenarbeiten und dadurch ein vielversprechendes Performance-Potenzial bieten.
Disclaimer
Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar.
Dieser Beitrag wurde zuerst auf der Internetseite thedlf.de unter https://thedlf.de/neue-gewinner-der-ai-revolution-versorger-aktien/thedlf.deveröffentlicht.
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