Andere (Bundes-)Länder, andere Sitten: Schule in Zeiten von Corona

Seit Monaten häufen sich die Zahlen der Klagen vor den deutschen Verwaltungsgerichten. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass sich Eltern nicht über die durch Corona bedingten Maßnahmen im Kindergarten und der Schule einig sind. Viele fordern eine Maskenpflicht während der Unterrichtszeit, andere wollen ihre Kinder lieber von Zuhause aus betreuen und unterrichten, wiederum andere bestehen auf die Aufteilung von Klassen und die Einführung eines Schichtbetriebes. In juristischer Hinsicht können die Eltern jedoch zurzeit wenig tun.

VG München: Eine Maskenpflicht reicht nicht aus

Nachdem das Landratsamt Fürstenfeldbruck bereits im Oktober die Stufe 3 der Rahmenhygienepläne für Schulen und Kitas beschlossen hatte, welche die Verkleinerung der Klassen an Schulen mit wöchentlichem Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht sowie gegenüber Kitas die Reduzierung der Gruppengröße angeordnet hatte, forderte eine Schülerin vor dem VG München die Beschulung im Präsenzunterricht an der Grundschule, eine weitere Antragstellerin die Wiederermöglichung einer durchgehenden Betreuung im Kindergarten. Beide Anträge wurden vom VG München abgewiesen (Beschl. v. 29.10.2020, Az. M 26b E 20.5338). Die Richter erachteten die Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit und insbesondere der Lehrer, Erzieher, Schüler und betreuten Kinder als verhältnismäßig. Man wolle aufgrund der hohen Infektionszahlen im Kreis dem Geschehen nicht hinterherlaufen. Es bei einer Maskenpflicht in Schulen zu belassen, genüge nicht.

NRW: Kein Wechselmodell erforderlich

Anders in NRW: Seit dem Schuljahresbeginn lief der Präsenzunterricht in Nordrhein-Westfalen zunächst auch an den weiterführenden Schulen ohne Maskenpflicht im Unterricht, nach den Herbstferien wurde diese jedoch eingeführt. Grundlage für den landesweiten Umgang mit der Pandemie an Schulen und Kitas sind Coronabetreuungsverordnungen, diverse Schulmails und Verhaltensempfehlungen. Ein Hygieneplan mit festgelegten Maßnahmen in Abhängigkeit bestimmter Inzidenzwerte wie in Bayern ist nicht erkennbar. NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) lehnt Distanzunterricht im Wechsel mit Präsenzunterricht ab. Die Aufrechterhaltung der Präsenzpflicht sei oberste Priorität.

Anders bewertete das jedoch die Stadt Solingen, in welcher seit Anfang Oktober die 7-Tages-Inzidenz über 50 liegt, seit rund drei Wochen sogar über 200. Um das Infektionsrisiko zu mindern, hat die Stadt eine Allgemeinverfügung erlassen, in der ein “Wechselmodell” von Präsenz- und Distanzunterricht eingeführt wurde.

Das NRW-Gesundheitsministerium als oberste Gesundheitsbehörde hat diese Entscheidung jedoch gekippt und die Stadt Solingen in Form eines Erlasses angewiesen, die Allgemeinverfügung wieder aufzuheben. Dieser Anweisung ist die Stadt am 4. November nachgekommen. Gegen die Weisung gibt es keine Rechtsmittel, da der Gesundheitsschutz zu den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung gehört. Dennoch haben der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach und Rechtsdezernent Jan Welzel förmlich gegen die Anweisung remonstriert und Ihre Bedenken vorgebracht.

Was Schüler und Eltern tun können

Schüler und Eltern sollten sich zurzeit wenig Hoffnung machen, wenn Sie die aktuell bestehende Maskenpflicht abschaffen oder gar weitere Maßnahmen zum Gesundheitsschutz erfolgreich einfordern wollen. Dem Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber steht eine sog. Einschätzungsprärogative zu, welche diesem Spielraum bei der Beurteilung einer Situation gibt. Die Maßnahmen haben demnach Bestand, solange sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. 

Andere Maßnahmen werden Eltern zurzeit kaum durchsetzen können. Sie müssten darlegen, dass die von Ihnen geforderte Maßnahme die einzig mögliche Maßnahme ist, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Um diese Maßnahme dann durchsetzen zu können, müsste das Gericht eine Ermessensreduzierung auf Null feststellen – es dürfte also keine andere Maßnahme gleichermaßen geeignet sein. Zu diesem Ergebnis wird man wohl niemals kommen können.

Corona ist ein bisschen wie hitzefrei

Rein juristisch sind die Gefahren durch Corona mit den Hitzefrei-Regelungen zu vergleichen. Dabei profitieren die Schüler lediglich von den Arbeitsschutzvorschriften zugunsten der Lehrer. Die Gefährdungsbeurteilungen für Lehrer wurden erst kürzlich überarbeitet. Ein besonderes schulspezifisches Risiko für eine Infektion sei dabei jedoch nicht festgestellt worden. Das einzige, was den Schülern nun bleibt, ist die individuelle Befreiung von der Präsenzpflicht.

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Photo by Kelly Sikkema on Unsplash