Der Lockdown-Light ist da: Restaurants, Bars und Kinos müssen im November schließen. Auch neue Kontaktbeschränkungen wurden beschlossen: So dürfen sich öffentlich nur noch zehn Personen aus maximal zwei Haushalten treffen.
Im Beschlusspapier hieß es zudem, darüber hinausgehende Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen seien inakzeptabel.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach sich mit einem missverständlichen Tweet dafür aus, Kontrollen in Privatwohnungen zu ermöglichen. Inzwischen hat Lauterbach zwar klargestellt, dass er das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nicht in Frage stellt. Trotzdem haben sich danach viele die Frage gestellt, ob Polizei und Ordnungsbehörden willkürlich prüfen dürfen, ob in der eigenen Wohnung gerade größere private Feiern stattfinden.
Darf die Polizei in privaten Wohnungen kontrollieren, wie viele Personen sich dort aufhalten?
Die Vorstellung, dass sich fremde Menschen zu der eigenen Wohnung ohne weiteres Einlass verschaffen dürfen, kann beängstigend sein. Aus diesem Grund ist die Wohnung auch unverletzlich. Das regelt Artikel 13 des Grundgesetzes. Das Gesetz dient dem Schutz der räumlichen Privatsphäre vor Eingriffen staatlicher Seite.
Das bedeutet, dass eine Wohnungsdurchsuchung nur von einem Richter angeordnet werden darf. Eingriffe und Beschränkungen der Unverletzlichkeit der Wohnung dürfen dann allein zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder Lebensgefahr, zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutz gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
Durchsuchungsbefehl wegen Seuchengefahr?
Zwar kann das Einschreiten gegen eine Verletzung der Corona-Regeln unter die Bekämpfung von Seuchengefahr zählen. Allerdings bedarf es dazu eines richterlichen Beschlusses und das Betreten der Wohnung ist nur dann möglich, wenn es zur Aufklärung einer möglichen Ordnungswidrigkeit zwingend erforderlich ist.
Gefahr im Verzug
Bei Gefahr im Verzug darf eine Durchsuchung auch von Ordnungsbehörden oder Polizei ohne richterlichen Beschluss angeordnet werden. Diese Umstände sind aber sehr eng gefasst und stehen unter strengen Voraussetzungen.
Zudem dürfte als „Gefahr im Verzug“ wohl kaum die Vermutung gelten, dass in einer Wohnung mehr als zehn Personen oder Angehörige von mehr als zwei Hausständen zusammensitzen. Da die Norm eine konkrete Gefahr voraussetzt, fehlt es damit meist schon an einer gesetzlichen Grundlage, auf die sich die Polizei stützen könnte. Die Polizei darf daher nicht nach gutdünken in die Wohnung eintreten – auch nicht, um Pandemie-Maßnahmen zu überprüfen.
Allerdings sind die Behörden zur Überwachung der angeordneten Maßnahmen berechtigt – und dann dürfen sie bei einem konkreten Verdacht auch ohne richterlichen Beschluss in die Wohnung. Etwa dann, wenn sich ein Nachbar bei der Polizei wegen der Lautstärke beschwert hat und sich später beim Gespräch an der Tür herausstellt, dass eine große Party mit vielen Leuten gefeiert wird. Allerdings muss hier immer eine Abwägung stattfinden: Auf der einen Seite steht das Ziel des Staates die Pandemie einzudämmen und auf der anderen Seite die Grundrechte des Einzelnen, insbesondere die Unverletzlichkeit der Wohnung. Solange nicht deutlich ersichtlich ist, dass in der Wohnung gerade ein Superspreader-Event mit mehreren Menschen stattfindet, dürfte die Polizei wohl kaum berechtigt sein die Wohnung wegen „Gefahr in Verzug“ ohne richterlichen Beschluss zu betreten.
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Photo by Jonathan Kemper on Unsplash